Staatsbesuch in Indien : Gauck rügt Diskriminierung von Homosexuellen
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An der Einäscherungsstätte Mahatma Gandhis Bild: dpa
Bundespräsident Gauck hat bei seinem Staatsbesuch in Indien die demokratischen Errungenschaften des Landes gewürdigt. Er kritisierte die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen.
Bundespräsident Joachim Gauck hat zum ersten Mal den indischen Subkontinent besucht. An der Einäscherungsstätte des Freiheitskämpfers Mahatma Gandhi legte Gauck am Mittwoch einen Kranz nieder. Gandhi sei für die Menschen in aller Welt eine Inspiration, so Gauck. In das Gedenkbuch schrieb er: „‘Wenn man sich selbst verändert, dann verändert man die Welt‘, sagte einst Mahatma Gandhi. Sein Weg des gewaltlosen Widerstandes gegen Unrecht war, ist und wird auch in Zukunft Menschen in aller Welt motivieren und ihnen Inspiration und Hoffnung geben.“
Gauck sagte, er wolle Indien mit seinem Besuch als älteste Demokratie in der Region würdigen. Er rief Deutsche und Inder dazu auf, in Zukunft noch intensiver zusammenzuarbeiten. Am Morgen war Gauck vom indischen Präsidenten mit militärischen Ehren begrüßt worden. Pranab Mukherjee empfing das deutsche Staatsoberhaupt an seinem Amtssitz in Delhi.
Am Nachmittag traf der Bundespräsident Premierminister Manmohan Singh und die Vorsitzende der regierenden Kongresspartei Sonia Gandhi. Im Gespräch mit Singh sprach Gauck aber auch die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen in Indien an. Die Einstellung großer Bevölkerungsgruppen zu Frauenrechten sei „mehr als kritikwürdig“, sagte Gauck. Positiv sei hingegen, dass es in Indien auch eine aktive Zivilgesellschaft gebe, die Missstände anprangere. Seit der brutalen Gruppenvergewaltigung in einem Bus in Delhi vor einem Jahr ist eine heftige Debatte in Indien entbrannt. Männer und Frauen protestierten für einen besseren Schutz und mehr Rechte. Das indische Sexualstrafrecht wurde verschärft. Doch noch immer kommt es fast täglich zu Missbrauchsfällen. „Wir müssen denen die Debatten nicht beibringen“, sagte Gauck.
Auch die Stellung von Homosexuellen in der indischen Gesellschaft sprach Gauck an. Vor wenigen Wochen hatte der Oberste Gerichtshof in Delhi entschieden, dass gleichgeschlechtlicher Sex wieder strafbar sei – und damit ein vorheriges Urteil aus dem Jahre 2009 wieder aufgehoben. „Es gibt Signale, dass sich die Regierung des Problems bewusst ist“, sagte Gauck. Indiens Regierung könnte durch eine Gesetzesänderung das Sexverbot für Schwule und Lesben wieder aufheben.
Schwerpunkt Wirtschaft
Der Bundespräsident lobte zudem das indische Engagement in Afghanistan und in den Vereinten Nationen. Weiteres Thema der Gespräche am ersten Tag seines Aufenthalts waren die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Indien: Indien ist eine der am stärksten wachsenden Volkswirtschaften. Zwar hat sich das Wachstum in den vergangenen Jahren von 7,5 Prozent auf knapp 5 Prozent abgeschwächt, dennoch prognostizieren Wirtschaftsexperten, dass Indiens Bruttoinlandsprodukt bis zu Mitte des Jahrhunderts hinter China und Amerika den dritten Platz einnehmen werde. Vor allem die indische Computerindustrie hat in den vergangenen Jahren einen großen Aufschwung erlebt. Deutschland ist innerhalb der Europäischen Union der wichtigste Wirtschaftspartner Indiens. Seit Jahren verhandeln Indien und die EU über ein Freihandelsabkommen, bisher jedoch mit wenig Erfolg.
Am Donnerstag wird Gauck Vertreter der indischen Zivilgesellschaft treffen und eine Rede an der Jawaharlal-Nehru-Universität halten. Am Freitag reist Gauck weiter in die Technologie-Metropole Bangalore im Süden des Landes. Begleitet wird er von seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt, Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sowie von einer deutschen Wirtschaftsdelegation.