Kosovo und Serbien streiten : Der Konflikt begann mit Nummernschildern
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Zeichen der Anspannung: Sondereinheit der kosovarischen Polizei im mehrheitlich von Serben besiedelten Norden Bild: AFP
Auf dem Balkan bereitet ein Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo Sorgen. Insbesondere Belgrad schürt Hysterie. Auslöser ist ein Streit über Auto-Kennzeichen.
Zwar haben serbische Medien unter der Kontrolle von Serbiens Staatspräsidenten Aleksandar Vučić (sowie ein deutsches Boulevardblatt) dieser Tage wortreich die angeblich kurz bevorstehende Gefahr eines neuen Balkankrieges heraufbeschworen, doch zumindest in dieser Hinsicht kann Entwarnung gegeben werden: Ein kriegerischer Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo drohte in den vergangenen Tagen zu keinem Zeitpunkt und liegt zumindest auf absehbare Zeit auch nicht im Interesse der Beteiligten. Doch das ist fast schon die einzige gute Nachricht, denn Sorgen bereitet die insbesondere durch Belgrad geschürte Hysterie in der Region durchaus.
Der äußere Anlass für den jüngsten Konflikt zwischen den Regierungen Serbiens und des Kosovos hat mit einer politischen Grundsatzentscheidung des kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti zu tun. Kurti, seit März dieses Jahres zum zweiten Mal Regierungschef des Kosovos, wirbt seit Langem für eine Politik der „Reziprozität“ in den Beziehungen seines Landes zu Serbien. „Ohne Reziprozität keine Gleichheit“, lautet eines seiner Schlagworte.
Auch Staatspräsidentin Vjosa Osmani unterstützt diese Haltung. Verkürzt gesagt, sieht diese Politik vor, dass das Kosovo Serbien in allen Belangen und auf allen Ebenen genauso behandeln müsse, wie es von Serbien behandelt wird.
Drei verschiedene Nummernschilder
In der politischen Praxis kann Prishtina dieses Prinzip nur bedingt durchhalten, da es gegenüber Belgrad strukturell im Nachteil ist: Serbien hat die Unabhängigkeit des Kosovos nie anerkannt und verhindert bis heute, unterstützt vor allem von Russland und China, die kosovarische Mitgliedschaft in diversen internationalen Organisationen. So konnte das Kosovo aufgrund des serbischen Widerstands bis heute nicht den Vereinten Nationen oder ihren diversen Unterorganisationen wie etwa der UNESCO beitreten.
Doch dort, wo es sich durchsetzen kann, pocht das Kosovo unter Kurtis Führung nun auf eine reziproke Politik. Zuletzt war das im Fall der gegenseitigen Anerkennung oder Nichtanerkennung von Nummernschildern der Fall. Im Kosovo gab es lange Zeit drei Nummernschilder, die parallel genutzt werden konnten. Neben den serbischen Schildern waren das anfangs solche, die von der UN-Verwaltung für das Kosovo, kurz UNMIK, ausgegeben wurden.
Die UNMIK übernahm im Juni 1999, nach dem Ende des Kosovo-Krieges und dem damit verbundenen Rückzug des serbischen Staates aus seiner einstigen Provinz, übergangsweise die Verwaltung des Gebietes. Sie gab auch sogenannte statusneutrale Nummernschilder aus, die jeweils das Kürzel „KS“, für Kosovo, enthielten.
Die Zeit der UNMIK als wichtige Institution endete jedoch mit der von den Vereinigten Staaten und fast allen EU-Staaten unterstützten kosovarischen Unabhängigkeitserklärung vom Februar 2008. Im unabhängigen Kosovo wurden Nummernschilder mit dem Kürzel „RKS“ ausgegeben – für „Republik Kosovo“.
Serbien weigert sich jedoch bis heute, Autos mit solchen Kennzeichen zu akzeptieren. Kosovarische Autofahrer müssen deshalb für die Durchreise durch Serbien beim Grenzübertritt gegen Gebühr Pappschilder mit serbischen Kürzeln kaufen, die für zwei Monate gültig sind. Mit einem serbischen Nummernschild durfte man dagegen bisher ungehindert ins Kosovo einreisen.