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Krieg in der Ukraine : Selenskyj schwört Rache für getötete Kriegsgefangene

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Wolodymyr Selenksyj Bild: dpa

Bei dem Angriff auf ein Gefangenenlager in Oleniwka sollen am Freitag über 50 ukrainische Soldaten getötet worden sein. US-Außenminister Antony Blinken und sein Moskauer Kollege Sergej Lawrow verhandeln über den Austausch von Inhaftierten. Der Überblick.

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          Die Ukraine hat Russland einmal mehr eines Kriegsverbrechens beschuldigt. Bei einem Angriff auf ein Lager mit ukrainischen Kriegsgefangenen starben am Freitag mehr als 50 Menschen. Kiew gab Moskau die Schuld und sprach von „staatlichem Terrorismus“. Russland wiederum warf der Ukraine vor, das Gefängnis mit einem Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars beschossen zu haben.

          „Dies ist eine weitere Bestätigung, dass Russland ein Terrorstaat ist“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitagabend einer Mitteilung in seinem Telegram-Kanal zu dem Vorfall. Es handle sich um ein „absichtliches Kriegsverbrechen“, für das es „Vergeltung“ geben werde, sagte er später in seiner abendlichen Videobotschaft.

          „Es gibt ausreichend Beweise, dass dies ein geplantes Verbrechen war.“ Mehr als 50 ukrainische Verteidiger seien auf zynische Weise ermordet worden. Selenskyj sprach von einem „Terroranschlag, der von russischen unmenschlichen Monstern in Oleniwka“ verübt worden sei. „Die Vereinten Nationen (UN) und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), die das Leben und die Gesundheit unserer Kriegsgefangenen garantieren sollten, müssen umgehend reagieren“, forderte der Staatschef. Er bekräftigte Forderungen, Russland als „Terrorstaat“ einzustufen. Das Land sei heute die „größte Quelle von Terrorismus“ in der Welt.

          Vergleich mit Massaker von Katyn

          Die UN müssten das Verbrechen aufklären, das IKRK müsse sich um die Lage der übrigen Gefangenen kümmern, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Es gab viele Verletzte. Russland hat nach eigenen Angaben Tausende ukrainische Kriegsgefangene. Medien zeigten Bilder von einem ausgebrannten Schlafsaal mit Leichen. Vor dem Gebäude mit Einschlaglöchern lagen mit Planen abgedeckte Körper.

          Ukraines Verteidigungsminister Olexij Resnikow verglich die Tat von Oleniwka mit dem Massaker sowjetischer Soldaten in Katyn, die dort im Zweiten Weltkrieg 1940 Tausende polnische Gefangene erschossen und in Massengräbern verscharrt hatten. Russland sei ein Terrorstaat, der auf dem Schlachtfeld besiegt werden müsse, schrieb er auf Twitter.

          Telefonat von Blinken und Lawrow

          Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben US-Außenminister Antony Blinken und sein Moskauer Kollege Sergej Lawrow Kontakt aufgenommen. Die beiden Chefdiplomaten telefonierten am Freitag auf Initiative der US-Seite. US-Chefdiplomat Blinken ging in dem Gespräch mit Lawrow auch auf den Krieg ein. Er habe Lawrow deutlich gesagt, dass die USA russische Pläne, weiteres Territorium der Ukraine zu annektieren, nicht akzeptieren würden. „Die Welt wird Annexionen nicht anerkennen. Wir werden Russland weitere erhebliche Kosten auferlegen, wenn es mit seinen Plänen fortfährt“, sagte Blinken. „Und wie immer sind wir bereit, mit der Ukraine und anderen zusammenzuarbeiten, um alle sinnvollen diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges zu unterstützen - um die Aggression zu beenden“, so Blinken weiter.

          Nach Angaben des russischen Außenministeriums informierte Lawrow Blinken über den Gang der „militärischen Spezial-Operation“ in der Ukraine. Der russische Chefdiplomat habe betont, dass alle Ziele in dem Land erreicht würden. Zugleich beklagte er demnach, dass die von den USA und von anderen Nato-Staaten gelieferten Waffen gegen die friedliche Bevölkerung eingesetzt würden. Der Konflikt würde dadurch nur in die Länge gezogen und die Zahl der Opfer erhöht.

          Verhandlungen über Austausch von Inhaftieren

          Es habe am Freitagmorgen (Ortszeit) ein „offenes und direktes Gespräch“ über ein Angebot zur Freilassung der in Russland inhaftierten US-Basketballerin Brittney Griner und des amerikanischen Staatsbürgers Paul Whelan gegeben, sagte Blinken in Washington. „Ich habe den Kreml gedrängt, den substanziellen Vorschlag zu akzeptieren, den wir (...) gemacht haben.“ Was den möglichen Austausch von russischen und US-amerikanischen Gefangenen angehe, sei der Übergang zu einem professionellen Dialog der „ruhigen Diplomatie“ ohne Spekulationen vorgeschlagen worden, sagte Lawrow einer Mitteilung seines Ministeriums zufolge.

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