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Die Nacht in der Ukraine : Selenskyj erwartet Entscheidungen zu EU-Beitritt

  • Aktualisiert am

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Bild: dpa

Der ukrainische Präsident will auf dem EU-Ukraine-Gipfel den EU-Beitritt seines Landes vorantreiben. Russland räumt ein, mehrere Tausend Männer zu Unrecht für den Krieg eingezogen zu haben. Der Überblick

          3 Min.

          Inmitten der nun seit fast einem Jahr andauernden russischen Invasion will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den geplanten EU-Beitritt seines Landes weiter vorantreiben. Von einem EU-Ukraine-Gipfel Ende dieser Woche erwarte sich die Regierung in Kiew „Neuigkeiten“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Dienstag.

          „Wir erwarten Entscheidungen unserer Partner in der Europäischen Union, die (...) unserem Fortschritt entsprechen. Fortschritt, der offensichtlich da ist – und das sogar trotz des großflächigen Kriegs“, sagte Selenskyj. Er bekräftigte, dass in Kiew an Reformen gearbeitet werde.

          Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am 24. Februar 2022 den Einmarsch ins Nachbarland angeordnet. Der Krieg hat bei vielen Ukrainern den Wunsch nach einer baldigen Aufnahme in die EU noch einmal verstärkt. Seit Juni ist das Land EU-Beitrittskandidat. Verbunden damit sind allerdings Auflagen unter anderem bei der Korruptionsbekämpfung.

          Habeck spricht sich gegen Kampfjets aus

          Der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat sich gegen die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine ausgesprochen. Im ZDF sprach Habeck am Dienstagabend von einem „Balanceakt“ zwischen der „maximalen Unterstützung“ der Ukraine, ohne dass Deutschland dabei selbst Kriegspartei werde. „Und das ist natürlich nicht ganz klar, wo dort die Linie verläuft.“

          Nach dem, was er wisse, brauche die Ukraine für die modernen, westlichen Kampfjets die Wartung des Westens, der damit „wahrscheinlich“ dann einen Schritt zu weit gehen könnte, meinte Habeck. Es sei richtig, der Ukraine Kampfpanzer zu liefern. „Aber zwischen den Kriegspanzern und Kampfjets ist ein Unterschied.“

          Frankreich liefert zwölf weitere Caesar-Haubitzen an die Ukraine. Das hat Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu bei einem Besuch seines ukrainischen Amtskollegen Oleksij Resnikow in Paris angekündigt. Frankreich habe der Ukraine bereits 18 dieser Haubitzen geliefert und habe nun mehrere Dutzend Millionen Euro zur Wartung der Kanonen freigemacht, sagte Lecornu. Außerdem soll die Ukraine von Frankreich ein Luftüberwachungsradar vom Typ GM 200 erhalten sowie Treibstofflieferungen.

          Griechenland wird wegen der Spannungen mit der Türkei keine Leopard-Panzer an die Ukraine liefern. Dies teilte der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis während eines Besuches in Japan mit. „Wir werden Leopard-2 aus dem einfachen Grund nicht geben, weil sie für unsere Verteidigungsstrategie absolut notwendig sind“, so Mitsotakis. Die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei gehen wegen eines Disputs um Hoheitsrechte im östlichen Mittelmeer zurzeit durch eine sehr angespannte Phase.

          Moskau räumt ein: Mehr als 9000 Männer fälschlicherweise mobilisiert

          Russland hat eingeräumt, seit dem vergangenen Herbst mehrere Tausend Männer zu Unrecht für den Krieg gegen die Ukraine in die Armee eingezogen zu haben. „Mehr als 9000 Bürger, die unrechtmäßig mobilisiert wurden, wurden zurück nach Hause gebracht – darunter auch diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen auf keinen Fall hätten einberufen werden dürfen“, sagte Generalstaatsanwalt Igor Krasnow bei einem Treffen mit Putin.

          Kritische Beobachter gehen allerdings davon aus, dass bei der im vergangenen September von Putin angeordneten Mobilmachung noch deutlich mehr Menschen gesetzeswidrig rekrutiert wurden – und möglicherweise nie zurückkehrten. Insbesondere in den ersten Wochen wurden vielerorts chaotische Zustände in den Kreiswehrersatzämtern geschildert. Diese hatten landesweit insgesamt 300.000 Männer für die Front einzogen.

          Der ukrainische Grenzschutz hat seit dem russischen Einmarsch im vergangenen Jahr eigenen Angaben zufolge mehr als 13 000 Menschen am Verlassen des Landes gehindert. „Insgesamt wurden seit dem 24. Februar an der grünen Grenze mehr als 9100 Personen festgenommen“, sagte der Sprecher der Behörde, Andrij Demtschenko. Der größte Teil von ihnen sei an Grenzabschnitten zu Rumänien und Moldau aufgegriffen worden. Im Rahmen der allgemeinen Mobilmachung wurde zu Kriegsbeginn für wehrpflichtige Ukrainer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren ein Ausreiseverbot mit wenigen Ausnahmen verhängt.

          Was am Mittwoch wichtig wird:

          Mit einem Besuch bei der Bundeswehr in Augustdorf in Nordrhein-Westfalen informiert sich Verteidigungsminister Boris Pistorius am Mittwoch über den Kampfpanzer Leopard 2. Nach der Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung von 14 Leopard 2A6 an die Ukraine soll dem SPD-Politiker dort die Leistungsfähigkeit des Waffensystems gezeigt werden.

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