Ségolène Royal wird Ministerin : Die Revanche der Verflossenen
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Die Courage hat sich gelohnt: Ségolène Royal nach der Ernennung zur Umweltministerin mit ihrem Amtsvorgänger Philippe Martin Bild: AFP
Nach langer Verbannung kehrt die frühere Lebenspartnerin des französischen Präsidenten in die Politik zurück. Das einstige Traumpaar der Sozialisten hat sich politisch versöhnt. Und Hollande sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, sein Privatleben am Kabinettstisch zu regeln.
Ihren Namen hat der Präsident lange nicht über die Lippen gebracht. Aber jetzt steht er an zweiter Stelle auf der Kabinettsliste, gleich hinter dem Außenministers Laurent Fabius. Als Pierre-René Lemas, der Generalsekretär im Elysée-Palast im Innenhof am Mittwoch „Ségolène Royal, Ministerin für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und Energie“ verkündet, huscht ein leichtes Lächeln über sein Gesicht. Es sieht fast so aus, als freue er sich, dass seine Ena-Kameradin nach langer Verbannung zurückkehrt.

Politische Korrespondentin mit Sitz in Paris.
Wie François Hollande lernte Lemas die junge Royal 1978 an der Eliteverwaltungshochschule im Herzen von Paris kennen. Der Präsident beförderte nicht wenige seiner Studienkameraden der berühmten „Promotion Voltaire“ auf Schlüsselposten. Nur Ségolène Royal wurde noch nicht einmal zur Amtseinführung in den Elysée-Palast eingeladen. Doch fortan wird sie jede Woche im Salon Murat zur Kabinettssitzung Platz nehmen, nicht weit vom Präsidenten, mit dem sie vier gemeinsame Kinder hat. Es ist eine spektakuläre politische Versöhnung, die nach der Trennung Hollandes von Valérie Trierweiler im Januar möglich wurde. So jedenfalls stellte es Royal da.
Le Drian spielte den Mittler
Den Mittler spielte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, der seinen Posten behält. Er lud sie zum Mittagessen ein und besprach die Einzelheiten einer möglichen Rückkehr. Ségolène Royal zog es ins Umweltministerium. Auf den Tag genau vor 22 Jahren war ihr schon das Umweltressort übertragen worden, damals allerdings mit eingeschränkten Befugnissen. Jetzt will sie an der Spitze eines mächtigen Ministeriums mit der Zuständigkeit für Energie endlich jene Energiewende einleiten, über die der Kandidat Hollande so viel gesprochen hatte. Royal hat in mehreren Interviews bekundet, dass sie wenig von einer „punitiven“ Umweltpolitik hält, die mit Strafsteuern und –abgaben die Bürger zu umweltbewussterem Verhalten zwingen will.
Es scheint sie nicht zu stören, dass die Umweltpartei „Europa Ökologie Die Grünen“ das Regierungsbündnis mit den Sozialisten aufgekündigt hat. Für Präsident Hollande birgt der Bruch mit den Grünen nicht wenige Risiken. Die Mehrheit der Sozialisten in der Nationalversammlung schrumpft nach der Rückkehr der grünen Minister auf ihre Abgeordnetensitze auf eine Stimme. Im Senat droht nach den Wahlen im September ohnehin die linke Mehrheit zu kippen. Ségolène Royal muss jetzt ganz allein als Ikone für Energiewende und Nachhaltigkeit herhalten.
Doch der Präsident weiß, dass es für Royal keine unmöglichen Missionen gibt. Mehr als 25 Jahre haben die beiden zusammengelebt, sie gaben das Bild eines Powerpaares ab. Manual Valls stöhnte einmal über „die Dominanz dieses Paares, das die Sozialistische Partei beherrscht“. Das ist jetzt schon ein Jahrzehnt her. Damals ahnte Valls nicht, dass er als Premierminister zum Wegbereiter ihrer politischen Aussöhnung werden würde. Valls hat dabei Wort gehalten und die Zahl der Minister von 38 auf 16 reduziert.
Im Innenministerium folgt ihm Bernard Cazeneuve nach, der als Alleskönner gilt und bereits als Europa- und danach als Haushaltsminister diente. François Rebsamen, einer der wenigen Sozialisten, die bei den Kommunalwahlen gewannen, zieht ins Arbeitsministerium ein. Neuer Bildungsminister wird der Parteilinke Benoit Hamon. Michel Sapin, auch ein Ena-Kamerad der Promotion Voltaire, steigt zum Finanz- und Haushaltsminister auf.
Wie Sonne und Mond
Wider Erwarten wechseln weder Justizministerin Christiane Taubira, Sozialministerin Marisol Touraine noch Kulturministerin Aurélie Filipetti ihr Ministeramt. Die „Erneuerung“ hält sich demnach in Grenzen. Und schon spottet die französische Presse über Hollandes „Kampfkabinett“, das wie ein Ehemaligenclub aussehe. „Le Point“ hat ein Foto aus dem Jahre 1993 hervorgekramt, auf dem Ségolène Royal und Michel Sapin von einer Kabinettssitzung kommend über den Innenhof des Elysée-Palastes spazieren. Schwerer als der Vorwurf mangelnder Erneuerung wiegt der Verdacht, dass Hollande sein Privatleben am Regierungskabinettstisch regelt.
Die Franzosen sind dabei einiges gewöhnt. Nicolas Sarkozy etwa schickte Cécilia Sarkozy in offizieller Mission in Gaddafis Zelt, um die bulgarischen Krankenschwestern - und seine Ehe zu retten. Nun nutzt offensichtlich auch Hollande seine Präsidentenbefugnisse für späte Reue. Denn an Ségolène Royals politischen Enttäuschungen hatte er allergrößten Anteil. So etwa während der Präsidentschaftskampagne 2007, als er sich als Parteivorsitzender nicht rührte, sie aktiv zu unterstützen. Grund dafür war seine Geliebte Valérie Trierweiler. Aber auch Royals Aufstieg an die Parteispitze beim Parteitag in Reims wusste Hollande durch intrigantes Spiel zu verhindern. Er wollte nicht, dass sie ihm nachfolgte. Trotzdem unterstützte sie ihn während seiner Präsidentschaftskampagne. Sie träumte davon, zum Dank zur Präsidentin der Nationalversammlung gewählt zu werden.
Doch Valérie Trierweiler hintertrieb ihre Kandidatur für das Abgeordnetenmandat mit einer Twitternachricht. Die Demütigung hätte größer kaum sein können. Ségolène Royal zog sich zurück und konzentrierte sich auf ihre Arbeit an der Spitze des Regionalrats von Poitou-Charentes. Sie schrieb ein Buch mit dem vielsagenden Titel „Diese schöne Idee der Courage“. Jetzt hat sie das Gefühl, dass sich ihre Courage gelohnt hat. In der Sozialistischen Partei aber erinnert man wieder daran, dass Royal und Hollande stets wie Sonne und Mond gewesen seien. Die eine geht auf, der andere unter.