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Österreichs Kanzler : Kurz hält Flüchtlings-Quote in Europa für gescheitert

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Österreichs neuer Kanzler Sebastian Kurz Bild: dpa

Die Europäische Union müsse unbedingt die Fehlentwicklungen in der Flüchtlingspolitik korrigieren. Das würde die EU sonst nur noch weiter spalten, sagt Sebastian Kurz in einem Interview.

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          Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hält die Verteilung von Flüchtlingen in Europa nach Quote für gescheitert. „Staaten zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen, bringt Europa nicht weiter“, sagte Kurz der „Bild am Sonntag“. „Wenn wir diesen Weg fortsetzen, spalten wir die Europäische Union nur noch weiter. Die Mitgliedsstaaten sollten selbst entscheiden, ob und wie viele Menschen sie aufnehmen. Die Diskussion über die Quote ist ohnehin weitgehend sinnlos.“ Demnach wollten die Migranten, die sich auf den Weg nach Europa machen, nicht nach Bulgarien oder Ungarn. Vielmehr hätten sie Deutschland, Österreich oder Schweden im Blick, so Kurz.

          Daher fordert der österreichische Kanzler, die Fehlentwicklungen in der EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik dringend zu korrigieren. „Die Grenzen zwischen Asyl und Wirtschaftsmigration sind derzeit vollkommen verschwommen“, so Kurz. Es gehe darum, den Menschen in ihren Herkunftsländern zu helfen. Wenn das nicht möglich sei, dann zumindest in den Nachbarstaaten. „Wenn auch das nicht möglich ist, dann auf ihrem Kontinent in sicheren Gebieten. Diese sollte die EU unterstützen, vielleicht sogar organisieren und militärisch sichern.“

          Erst in einem letzten Schritt können vor Ort ausgewählt werden, wer nach Europa kommen dürfe. „Aber wir können nicht länger jeden aufnehmen, der es mit Hilfe eines Schleppers illegal in die EU schafft.“ Der politische Wille, diese Linie zu unterstützen, sei vorhanden, so Kurz. „Auf europäischer Ebene hat sich in der Flüchtlingsfrage sehr viel verändert. Es gibt mittlerweile überall ein Bewusstsein dafür, dass der Weg, der 2015 eingeschlagen wurde, falsch war.“

          In seiner ersten Rede als Kanzler am vergangenen Mittwoch sagte Kurz, dass er stärker gegen illegale Migration vorgehen wolle – und eine Kürzung der Geldleistungen für Asylberechtigten durchbringen wolle.

          Keine Kompromisse gegenüber Polen

          Während Kurz den EU-Mitgliedsstaaten beim Flüchtlingsthema eine Entscheidungsfreiheit zugesteht, bleibt er hinsichtlich der polnischen Justizreformen kompromisslos. Brüssel sollte keine Zugeständnisse machen gegenüber Warschau machen, fordert Kurz. „Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind die unverhandelbare Basis Europas“, so der Kanzler gegenüber der „Bild am Sonntag“.

          Vor wenigen Tagen hatte die EU ein Sanktionsverfahren gegen Polen eingeleitet. Der polnische Präsident Duda reagierte noch am selben Tag mit der Unterzeichnung zweier umstrittener Justizreformen.

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          Generell kritisierte Kurz den Umgang der EU-Staaten untereinander. „Gerade in Österreich und Deutschland braucht es ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass alle Mitglieder der EU gleichwertig und gleichrangig sind. In Mittel- und Westeuropa wird noch viel zu häufig auf die jüngeren Mitgliedsstaaten im Osten herunter geschaut“, sagte Kurz. Das erzeuge negative Emotionen. Im Herzen von Europa gelegen habe Österreich „die Chance, Brückenkopf zwischen Ost und West zu sein“.

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