Schwedens Sonderweg : König Carl Gustaf: „Wir sind gescheitert“
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Hält Kampf Schwedens gegen Corona für misslungen: der schwedische König Carl XVI. Gustaf in einer Aufnahme aus dem Jahr 2016 bei einem Besuch in Tokio Bild: dpa
Der schwedische König Carl Gustaf kritisiert die Regierung harsch: Schweden sei im Umgang mit der Pandemie gescheitert. Für die Angehörigen der vielen Todesopfer findet er mitfühlende Worte.
Der schwedische König Carl XVI. Gustaf ist der Meinung, dass Schweden im Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht erfolgreich war. „Ich denke, wir sind gescheitert“, sagte der König in einem Interview, das das schwedische Fernsehen SVT am Donnerstag ausschnittsweise veröffentlichte. „Wir haben eine große Anzahl, die gestorben ist, und das ist schrecklich.“ Das schwedische Volk habe unter schwierigen Bedingungen enorm gelitten. In Schweden sind inzwischen mehr als 7800 Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben. Rund 75 Prozent von ihnen waren älter als 70 Jahre. Das Land hatte bis vor kurzem weniger strenge Corona-Maßnahmen als andere.
Carl Gustaf sagte, leid täten ihm vor allem die Familien, die sich nicht von ihren verstorbenen Verwandten hatten verabschieden können. „Ich denke, es ist eine schwere und traumatische Erfahrung, nicht herzlich Abschied nehmen zu können“, sagte der 74 Jahre alte Monarch.
Auf die Frage, ob er selbst Angst vor einer Infektion mit Covid-19 habe, sagte er: „In letzter Zeit fühlt es sich mehr konkret an, es ist näher und näher gekrochen.“ Im November waren sein Sohn, Prinz Carl Philip, und dessen Frau Sofia positiv auf Covid-19 getestet worden.
Kommission sieht strukturelle Probleme
Zuvor hatte auch eine eigens eingesetzte Corona-Kommission scharf kritisiert, dass Schweden es nicht geschafft habe, seine älteren Mitbürger vor dem Coronavirus zu schützen. Länger bekannte strukturelle Probleme sowie mehrere Faktoren wie der Mangel an geeigneter Schutzausrüstung und die späte Einführung umfassender Tests hätten dazu beigetragen, dass die Altenpflege schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet zur Handhabe einer Pandemie gewesen sei, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Kommissionsbericht.
„Die Strategie zum Schutz der Älteren ist gescheitert“, urteilte die Kommission. Die Angestellten in der Altenpflege seien in der Krisensituation großteils alleine gelassen worden. Die Verantwortung für die Versäumnisse liegt der Kommission zufolge letztlich bei der amtierenden Regierung und den Vorgängerregierungen.
Eine in dem Teilbericht hervorgehobene Schwäche war die Aufsplitterung der Altenpflege. Diese ist in Schweden in 21 Regionen und 290 Kommunen aufgeteilt. Auch viele private Anbieter mischen mit, während die nationale Verantwortung von staatlichen Regierungsbehörden getragen wird.
Schweden hat in der Corona-Krise eine spezielle Strategie mit weniger strikten Maßnahmen verfolgt. Bislang wurden mehr als 340.000 bestätigte Corona-Infektionen sowie 7667 damit in Verbindung stehende Todesfälle verzeichnet. Auf die Bevölkerung heruntergerechnet hat das Land mit rund zehn Millionen Einwohnern damit deutlich mehr Infektionen und Todesfälle gehabt als Deutschland oder der Rest Skandinaviens.
Die Corona-Kommission wurde Ende Juni von der schwedischen Regierung eingesetzt. Der Bericht von Dienstag war der erste Teilbericht zur Pandemie. Ihren Abschlussbericht soll sie am 28. Februar 2022 vorlegen – sieben Monate vor der nächsten schwedischen Parlamentswahl.