Zwischen Rom und Berlin : Ein kleiner Freundschaftsvertrag
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Olaf Scholz, damals noch Finanzminister, bei einem Eurogruppen-Treffen mit Mario Draghi, damals EZB-Präsident, im Juni 2018 Bild: dpa
Nach Frankreich will nun auch Deutschland die Annäherung mit Italien. Das Verhältnis soll aufgewertet, alte Gräben überwunden werden. Bundeskanzler Scholz reist am Montag in die italienische Hauptstadt.
An diesem Montag absolviert Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Antrittsbesuch in Rom. Beim Zusammentreffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Draghi liegt viel Aktuelles an. Es soll um „die ganze Bandbreite der gemeinsamen bilateralen, europäischen und internationalen Themen“ gehen, teilte der Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. „Italien ist ein wichtiger und enger Partner Deutschlands.“ Beamte beider Länder bereiten derweil eine Grundlage für die italienisch-deutschen Beziehungen vor, die nicht nur von punktuellen Treffen abhängen soll. Deutschland und Italien wollen ihre Zusammenarbeit durch regelmäßige Koordination auf verschiedenen Politikfeldern vertiefen.
Vor einigen Wochen haben die Außenministerien begonnen, über einen gemeinsamen „Aktionsplan“ zu sprechen, der jährlich erneuert werden könnte, wie die F.A.Z. aus italienischen Regierungskreisen erfuhr. Aus diplomatischen Kreisen Deutschlands wurden die Gespräche bestätigt. Sie befinden sich noch in einem frühen Stadium, sodass mit offiziellen Ankündigungen nicht bald zu rechnen ist. Doch beide Länder sind gewillt, ihren Beziehungen eine neue Dynamik zu verleihen.
Nicht die gleiche Qualität wie der Quirinals-Vertrag
Der neue Austausch vollzieht sich auch vor dem Hintergrund der italienisch-französischen Annäherung. Am 26. November unterzeichneten Draghi und der französische Präsident Emmanuel Macron den so genannten Quirinals-Vertrag, der – benannt nach dem italienischen Präsidentensitz – mit dem deutsch-französischen Elysée-Vertrag und seinem Nachfolger, dem Aachener Vertrag, verglichen wird.
Er sieht unter anderem vor, dass Paris und Rom einmal im Jahr ein Gipfeltreffen mit Staats- und Regierungschef sowie den wichtigsten Ministern abhalten. Alle drei Monate wird zudem ein Minister an der Kabinettssitzung des anderen Landes teilnehmen. Der Vertrag soll helfen, Spannungen wie in jüngerer Zeit etwa bei Flüchtlings- oder industriellen Fragen gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Die deutsch-italienische Initiative soll nach bisherigem Stand indes nicht die gleiche Qualität wie der Quirinals-Vertrag haben. Offenbar will es die deutsche Seite etwas kleiner, dafür aber konkreter. Große bilaterale Freundschaftsverträge gehörten nicht zur außenpolitischen Kultur Deutschlands, heißt es, zudem will man wohl auch die Exklusivität der deutsch-französischen Beziehungen nicht gefährden. Der Wunsch nach einem großen Freundschaftsvertrag sei von den Italienern auch nicht an die Bundesregierung herangetragen worden, ist zu hören.
Der Quirinals-Vertrag zwischen Frankreich und Italien besteht aus zwei Teilen: Dem eigentlichen Vertrag, der unter anderem die Regierungskonsultationen beschreibt, sowie einem „Fahrplan“, der die konkrete Koordination auf verschiedenen Politikfeldern behandelt – von der Außen- und Verteidigungspolitik über Wirtschaft und Innenpolitik bis hin zu Kultur, Weltraum und Bildung. An einem deutsch-italienischem Gegenstück zu diesem zweiten Teil arbeiten die Diplomaten derzeit, heißt es in Rom.