Hohe Verluste bei Regionalwahl : Schlappe für die ÖVP
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St. Pölten: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Bild: dpa
Niederösterreich war eine Hochburg für die Christdemokraten. Sie bleiben trotz Verlusten auf Platz 1. Aber erstmals ist eine Mehrheit gegen die ÖVP möglich.
In Österreich hat die Kanzlerpartei ÖVP in einer Regionalwahl schwere Einbußen erlitten. Laut Hochrechnungen verlor sie bei der Landtagswahl in Niederösterreich fast zehn Prozentpunkte und erhielt knapp 40 Prozent. Sie verliert damit ihre absolute Mehrheit im Parlament in St. Pölten und muss auch um ihre Mehrheit in der Proporzregierung bangen. Ebenfalls Aufsehen erregte der Erfolg der rechten FPÖ. Sie kommt mit großen Zuwächsen und 25 Prozent an zweiter Stelle. Die sozialdemokratische SPÖ rutscht mit gut 20 Prozent auf den dritten Platz. In den Landtag kommen außerdem die Grünen und die liberalen Neos.
Niederösterreich, mit rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten das bevölkerungsstärkste Bundesland, ist eine traditionell „schwarze“ Hochburg. Die ÖVP Partei stellt dort seit Jahrzehnten den Regierungschef, seit 2017 ist Johanna Mikl-Leitner die Landeshauptfrau. Dass sie die absolute Mehrheit im Landtag nicht würde halten können, zeichnete sich angesichts des Umfragentiefs ihrer skandalerschütterten Partei bereits ab.
Entscheidend für den Machterhalt ist aber wegen der Proporzregierung eine andere Marke: Alle Parteien werden ab einer gewissen Stärke in die Regierung eingebunden. Solange die ÖVP mindestens fünf der neun Regierungsmitglieder im Landeshaus in St. Pölten stellt, kann nicht gegen sie regiert werden. Nach den Zahlen von Sonntagabend sah es so aus, dass die ÖVP das verfehlte.
Mikl-Leitner hatte in ihrem Wahlkampf auf ihren Amtsbonus sowie auf maximale Distanz zur Bundes-ÖVP gesetzt. Zum anderen versuchte sie sich als Garantin dafür darzustellen, dass die FPÖ mit ihrem Landeschef Udo Landbauer nicht den Landeshauptmann bestimmen könne. Allerdings hatte es die SPÖ bislang ausgeschlossen, Landbauer zum Landeshauptmann zu machen, die FPÖ will sich nicht unter eine schwächere Partei beugen. Auch würde nach dem Wahlergebnis eine dritte Partei für ein Bündnis gegen die ÖVP benötigt. Mikl-Leitner warb daher am Abend für ein „Modell der Zusammenarbeit“, um mit einem Übereinkommen weiter an der Landesspitze bleiben zu können.
Das „schmerzliche Ergebnis“ komme „nicht unerwartet", sagte Mikl-Leitner und verwies auf weltweite Krisen und verbreitete Unzufriedenheit mit der Bundespolitik, die auf die Landespolitik abgefärbt habe. Daran habe auch der FPÖ-Bundesvorsitzende Herbert Kickl seinen Anteil gehabt, der mit einer eigenen Plakatkampagne („Festung Österreich“) zum Thema Migration gezielt vor der Landtagswahl Stimmung gemacht habe. Dadurch sei es noch vor wenigen Wochen als möglich erschienen, dass sich im Land eine „blau-rote Mehrheit“ von FPÖ und SPÖ ergebe. Zumindest das zu verhindern sei gelungen.
Das historisch schlechte Ergebnis bringt somit Unruhe in die ÖVP, doch dürften sich die bundespolitischen Folgen in Grenzen halten, vor allem, wenn erwartungsgemäß Mikl-Leitner Landeshauptfrau bleibt. Koalitionen sind in Niederösterreich ungewohnt, aber anderswo der Normalfall.
Die im Bund regierende „türkis-grüne“ Regierung unter Kanzler Nehammer dürfte davon unberührt bleiben und bis zum Ende der Legislaturperiode 2024 weiterarbeiten. Weder ÖVP, noch Grüne können ein Interesse daran haben, im Bund vorzeitig Wahlen abzuhalten. Und innerhalb der ÖVP gibt es nach zwei Kanzlerwechseln in dieser Legislaturperiode (Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg) keine sinnvolle Alternative zu Nehammer. Leichter wird das Regieren für ihn nach der Niederösterreich-Wahl jedoch nicht. Denn ÖVP und Grüne haben nun auch ihre bisherige Mehrheit im Bundesrat verloren. Die Länderkammer kann anders als in Deutschland Gesetze zwar nicht blockieren, aber verzögern.