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Satire über Kaczynski : Polnische Präsidentenkanzlei vergleicht „taz“ mit „Stürmer“

  • Aktualisiert am

Bild: Reuters

Der Chef der polnischen Präsidentenkanzlei wirft der Berliner „Tageszeitung" wegen eines satirischen Textes über Präsident Kaczynski vor, sie folge der „Poetik“ nationalsozialistischer Propaganda. Die Bundesregierung kommentiert die Satire über Kaczynski nicht.

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          Der Chef der polnischen Präsidentenkanzlei Maciej Lopinski wirft der linksalternativen „Tageszeitung“ wegen eines satirischen Textes über Präsident Kaczynski vor, sie folge der „Poetik“ des nationalsozialistischen Propagandablattes „Der Stürmer“ aus den dreißiger Jahren.

          Auf der Webseite des Präsidenten wurden am Donnerstag ein der entsprechende Auszug aus einem Fernsehinterview Lopinskis veröffentlicht und mit dem Faksimile eines Titelblattes des Stürmers samt seinem Motto „Die Juden sind unser Unglück“ illustriert. „Das ist die Verbindung von blauäugigen Deutschen auf der einen und polnischen Kartoffeln auf der anderen Seite“, sagte Lopinski. In dem Text ist von den „blauen Augen und Ohren“ der Deutschen die Rede, die diese sich beim Anblick des polnischen Präsidenten verdutzt rieben.

          Die „taz“ hatte in ihrer satirischen Serie „Schurken, die die Welt verändern wollen“ nach Personen wie Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Köhler unter der Überschrift „Polens neue Kartoffel“ Kaczynski porträtiert. Dabei wies sie darauf hin, daß dieser - ein bekennender Feind von Demonstrationen gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben - „Öffentliche Hinterteile an Warschaus Männern“ mehrmals „verboten“ habe, während sein Bruder doch „ohne Trauschein“ mit der eigenen Mutter zusammenlebe.

          Kaczynski sagte Treffen beim „Weimarer Dreieck” ab
          Kaczynski sagte Treffen beim „Weimarer Dreieck” ab : Bild: picture-alliance/ dpa

          Berlin will Pressebericht nicht kommentieren

          Der Kanzleichef des Präsidenten erkannte darin einen „Zustand der deutschen Seele“, der „sehr beunruhigend“ sei. Lopinski wiederholte die in den vergangenen Tagen von mehreren Politikern der polnischen Regierung vorgetragene Forderung, deutsche Politiker sollten sich von dem Artikel distanzieren. Ein deutscher Regierungssprecher sagte am Donnerstag, es sei nicht Politik der Bundesregierung, Presseartikel über regierende ausländische Politiker zu kommentieren. Das sei der polnischen Seite bekannt und durch diplomatische Kanäle vermittelt worden.

          Kaczynski hatte am Montag einen Besuch zu einem Treffen des „Weimarer Dreiecks“ mit Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Präsidenten Chirac in Deutschland abgesagt. Seine Kanzlei weist jedoch Berichte polnischer Medien zurück, die einen Zusammenhang zwischen dem Text und der Absage herstellten. Der Präsident habe Verdauungsprobleme.

          „taz“ entschuldigt sich

          Laut unbestätigten Meldungen aus Warschau ist das richtig; es heißt allerdings auch, das präsidiale Unwohlsein jener Tage sei eine unmittelbare Folge der Taz-Lektüre gewesen. In Polen jedenfalls wurde die Darstellung mit der „Verdauungsstörung“ nicht überall akzeptiert. Acht ehemalige polnische Außenminister aus der Zeit nach dem Sturz des Kommunismus veröffentlichten am Donnerstag einen Brief, in welchem sie feststellten, eine Absage „ohne wichtigen und glaubwürdigen Grund“ sei kränkend für Polens Partner.

          Die „Tageszeitung“ hat sich unterdessen entschuldigt. In einem offenen Brief an „die Kartoffel“ schrieb die Redaktion, man bedauere aufrichtig, daß man ein Gemüse mit so „wunderschönen Sorten“ mit dem polnischen Präsidenten verglichen habe.

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