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Salvini in Polen : Entsteht eine Achse Rom-Warschau?

Matteo Salvini (l.), Innenminister von Italien, schüttelt die Hand von Joachim Brudzinski, Innenminister von Polen Bild: dpa

Bei seinem Besuch in Warschau wird Matteo Salvini sehr wohlwollend empfangen – und wirbt für ein Bündnis seiner Lega mit der regierenden PiS-Partei. „Polen und Italien werden Teil des neuen europäischen Frühlings sein“, kündigt er an.

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          Italiens Innenminister Matteo Salvini, Parteivorsitzender der euroskeptischen Lega, wurde in Warschau am Mittwoch mit höchsten Ehren empfangen. Er traf Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Innenminister Joachim Brudzinski; am Nachmittag dann Jaroslaw Kaczynski, den Chef der regierenden PiS.

          Gerhard Gnauck
          Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.
          Matthias Rüb
          Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

          Kaczynski empfängt sehr selten ausländische Gäste und spricht dann auch nicht öffentlich über diese Treffen. So kam es denn nur zu einer abschließenden Pressekonferenz Salvinis. Das Gespräch mit Kaczynski und Mitarbeitern sei „lang und konkret“ gewesen, sagte der Gast, man habe über „Sicherheit, Familie, christliche Traditionen“ und anderes gesprochen und „bei 90 Prozent der Themen“ Übereinstimmung festgestellt. Er habe „eine Allianz derer vorgeschlagen, die Europa retten wollen“, sagte Salvini. „Wir haben einen Dialog begonnen“, sagte der Gast und sprach von einer „historischen Chance“.

          Gemeinsames Thema Migration

          Auf mögliche Differenzen etwa in der Bewertung Russlands oder der Partei Marine Le Pens in Frankreich angesprochen, sagte er: „Das sind Themen, an denen wir arbeiten werden.“ Bei Fragen nach der konkreten Zusammenarbeit vor und nach den Europawahlen Ende Mai antworteten Salvini wie auch am Treffen beteiligte PiS-Politiker zunächst ausweichend.

          Brudzinski, der als wahrscheinlicher Kronprinz Kaczynskis bei der Parteiführung gilt, sagte nach seinem Treffen mit Salvini, man habe über Migration und organisierte Kriminalität gesprochen und die Entsendung eines Verbindungsoffiziers der polnischen Polizei nach Rom vereinbart. Salvini kritisierte in Warschau, es gebe Bestrebungen, „weitere Flüchtlinge von weiteren Booten (im Mittelmeer) an Land zu nehmen und umzuverteilen“. Er sei sich mit dem Kollegen einig, dass „illegale Migration“ bekämpft werden müsse.

          Salvini sagte nach dieser Begegnung: „Polen und Italien werden Teil des neuen europäischen Frühlings sein, der Renaissance europäischer Werte.“ Er bemühte den polnischen Papst Johannes Paul II., der gesagt habe, „dass Europa zu seiner Identität, zu seinen jüdisch-christlichen Wurzeln zurückkehren muss, und das wird heute von Brüssel in Frage gestellt“. Im übrigen habe „in der EU lange eine deutsch-französische Achse dominiert“, der man eine „italienisch-polnische Achse“ entgegenstellen wolle.

          Brudzinski fügte hinzu, weder Polen noch Italien wollten „aus der EU irgendwohin austreten“. Beide seien „integrale Bestandteile der EU und wollen sie stärken und bürgernäher machen. „Wir wollen Einfluss darauf haben, wie unser gemeinsames europäisches Haus aussehen wird.“ In italienischen Medien wurde der Besuch als weiterer Schritt Salvinis zur Bildung einer Allianz „souveränistischer“ Parteien vor den Europawahlen beschrieben.

          Informeller Führer der nationalistischen Rechtsparteien

          Salvini bemüht sich seit dem Regierungsantritt der populistischen Regierungskoalition in Rom im Juni intensiv darum, rechtsnationalistische und europakritische Parteien zur Zusammenarbeit zu bewegen. Salvini gilt als informeller Führer der nationalistischen Rechtsparteien in der EU.

          Im Europaparlament gehört Salvinis Partei Lega zur rechtsnationalen Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF), während die polnische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski Mitglied der europakritischen Fraktion „Europäische Konservative und Reformer“ (EKR) ist. Auch inhaltlich trennt die beiden Parteien einiges. Salvini äußert öffentlich seine Bewunderung für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, während sich Kaczynski und die PiS dem Vormachtstreben Moskaus in Mittel- und Osteuropa entschieden entgegenstellen.

          Zusätzlich kompliziert werden die Einigungsbemühungen Salvinis dadurch, dass die nationalistische Regierungspartei Fidesz des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán im Straßburger Parlament der Fraktion der christdemokratischen „Europäischen Volkspartei“ (EVP) angehört.

          Kaczynski und Orbán sind die wichtigsten Verbündeten Salvinis in Mitteleuropa. Doch deren Parteien PiS und Fidesz zum Fraktionswechsel zur ENF zu bewegen, ist bislang nicht gelungen. Immerhin gehören die französische Partei „Rassemblement National“ unter Marine Le Pen sowie die FPÖ des österreichischen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache schon jetzt zur ENF. Le Pen und Strache ziehen mit Salvini an einem Strang.

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