Nach Flugzeugabschuss : Russland will Luftabwehrsystem S-300 an Syrien liefern
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Die russische Regierung will binnen der nächsten zwei Wochen das Luftabwehrsystem S-300 an Syrien liefern. Bild: EPA
Moskau kündigt den Schritt als Konsequenz auf den Abschuss eines seiner Flugzeuge an. Die israelische Militärführung wüsste den Grad der Beziehungen zu Russland nicht zu schätzen, sagte ein Sprecher der Luftwaffe.
Nach dem versehentlichen Abschuss eines russischen Militärflugzeugs durch die syrische Luftabwehr hat Russland angekündigt, den Israelis den Zugang zum syrischen Luftraum zu erschweren. Dem Abschuss war ein israelischer Angriff vorausgegangen. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schojgu sagte am Montag in Moskau, Syrien werde binnen zwei Wochen das russische Luftabwehrsystem S-300 erhalten, das eine Reichweite von 250 Kilometern hat. Russland habe die Lieferung von S-300 an Damaskus seit 2013 auf Bitten Israels zurückgehalten, doch gebe es eine Lageänderung, die „kein Fehler Russlands“ sei. Die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, Machthaber Baschar al Assad habe mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert, der versichert habe, Russland werde die syrische Luftabwehr stärken.
Zudem kündigte Schojgu an, die syrische Luftabwehr mit modernen Ortungs- und Feuerleitsystemen auszustatten, die vormals Russland vorbehalten gewesen sei. „Russland wird Satellitennavigation, Bordradar und Kommunikationssysteme von Kampfflugzeugen blockieren, die Ziele in Syrien angreifen“, sagte Schojgu. Dies betreffe das Mittelmeer vor der syrischen Küste. „Wir sind sicher, dass diese Maßnahmen Hitzköpfe abkühlen und sie von schlecht geplanten Aktionen abhalten, die unsere Soldaten gefährden“, sagte Schojgu. Israel hat nach eigenen Angaben mehr als 200 Luftangriffe auf iranische Ziele in Syrien geflogen und dabei oftmals das Mittelmeer als Anflugraum genutzt. Die russischen Ankündigungen bedeuten eine Beschränkung für Tel Aviv im Bestreben, das iranische Militär und die von Teheran gelenkte Hizbullah-Miliz aus Syrien zu vertreiben. Über die Tragweite der russischen Deklaration herrschte zunächst jedoch Unklarheit. Beim S-300 handelt es sich um ein System, das durch die israelische Luftwaffe zerstört werden kann.
Zunächst hatte Putin die Lage beruhigt, als er am vergangenen Dienstag von einer „Kette tragischer, zufälliger Umstände“ sprach. Am Sonntag wiederum gab das russische Verteidigungsministerium neuerlich Israel allein die Schuld an dem Abschuss des Aufklärungsflugzeugs. Es war am Montag vergangener Woche in Luftabwehrfeuer syrischer Batterien geraten, das den anfliegenden israelischen Kampfflugzeugen gegolten haben soll. Diese zerstörten eigenen Angaben zufolge eine Lagerhalle, in der sich Elemente zur Modernisierung von Raketen für die Hizbullah-Miliz befunden hätten. Bei dem Absturz starben alle 15 Besatzungsmitglieder.
Moskau behauptet, in die Irre geführt worden zu sein
Eine Delegation der israelischen Luftwaffe war am Wochenende nach Moskau geflogen, um eigene Erkenntnisse über den Vorfall zu teilen. Israel behauptet, die „wild um sich feuernde“ syrischen Luftabwehr habe den russischen Aufklärer abgeschossen, als die eigenen Flugzeuge den Luftraum längst wieder verlassen hätten. Auch habe man den bestehenden Kommunikationskanal genutzt und Russland über den eigenen Angriff informiert. Die Darstellung Moskaus, israelische F-16-Kampflugzeuge hätten das russische Turboprop-Flugzeug als Schild gegen die Luftabwehr genutzt, wies Israel zurück. Moskau indes behauptete auch nach dem Besuch der israelischen Delegation, von Israel in die Irre geführt worden zu sein. „Die israelische Militärführung weiß den Grad der Beziehungen zu Russland entweder nicht zu schätzen oder hat keine Kontrolle über ihre Kommandooffiziere“, sagte ein russischer Luftwaffensprecher am Sonntag.
Moskau hat Drohungen, das syrische Regime mit S-300-Luftwabwehrsystem auszurüsten, wiederholt als Druckmittel gegen Israel und den Westen genutzt. Im Mai hatte der Kreml eine entsprechende Ankündigung nach einem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Moskau zurückgenommen und erklärt, das syrische Militär habe „alles, was es braucht“. Anlass der russischen Ankündigung war damals der amerikanisch geführte Angriff mit Marschflugkörpern auf Ziele in Syrien gewesen, um das Regime für einen Giftgaseinsatz zu bestrafen. Die syrische Luftabwehr hatte trotz vollmundiger Erfolgsmeldungen nicht vermocht, sich effektiv zur Wehr zu setzen. Für Moskau, dessen Propaganda die angebliche Kampfkraft der syrischen Luftabwehr preist, bedeuten syrische Fehlschläge ebenso eine Blamage. Aus dem Umfeld des Regimes in Damaskus war zuletzt Unmut darüber geäußert worden, dass sich Moskau mit der Türkei auf eine Pufferzone in der Rebellenbastion Idlib geeinigt hat, anstatt den syrischen Streitkräften entschieden dabei zu helfen, sich gegen Luftangriffe zu verteidigen.