Russland : Kreml gibt angeblich Wahlergebnisse vor
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Lupenreine Demokraten: Ministerpräsident Putin und Staatspräsident Medwedjew vergleichen ihre Uhren Bild: REUTERS
Vor der russischen Parlamentswahl versucht die Führung offenbar, Gouverneure und Bürgermeister unter Druck zu setzen, damit das regierende „Einige Russland“ besonders gut abschneidet.
Vor der Parlamentswahl in Russland am 4. Dezember versucht die Führung offenbar, regionale und lokale Machtinstanzen wie Gouverneure und Bürgermeister unter Druck zu setzen, damit diese für ein möglichst gutes Wahlergebnis der Regierungspartei „Einiges Russland“ sorgen. Einzelnen Regionen sei vorgegeben worden, wie hoch das Ergebnis für die Partei jeweils auszufallen habe, damit das Wahlergebnis nicht schlechter ausfalle als vor vier Jahren. Das berichtete die Zeitung „Wjedomosti“ am Donnerstag unter Berufung auf Gewährsleute im Kreml, in den Regionen und Parteien. Koordiniert werde diese Aktion von dem stellvertretenden Leiter der Präsidialverwaltung im Kreml, Wladislaw Surkow, dessen Beamte die Gouverneure über die Forderungen instruierten.
Vor vier Jahren hatte „Einiges Russland“ mit 64,3 Prozent der Stimmen die Parlamentswahl für sich entschieden und verfügt seither in der Duma über mehr als zwei Drittel der Sitze. Da die Gouverneure nicht mehr vom Volk gewählt werden, müssen sie fürchten, bei Nichterfüllung der „Planvorgaben“ entlassen zu werden. Russische Beobachter und oppositionelle Parteien haben immer wieder nicht nur Manipulationen bei der Wahl und der Auszählung der Stimmen kritisiert, sondern auch den Einsatz der Behörden, die Druck auf vom Staat oder von Staatsbetrieben abhängige Wähler ausübten, damit diese die Kandidaten von „Einiges Russland“ wählten. Auch der Vorwurf, dass die Moskauer Zentrale „Mindestquoten“ für den Sieg vorgebe und dass Gouverneure nachgeordnete Instanzen anwiesen, ihre Ressourcen einzusetzen, um die Vorgaben zu erreichen, war in der Vergangenheit schon erhoben worden. Da die Verwaltung inzwischen auf vielen Ebenen mit Beamten besetzt ist, die „Einiges Russland“ angehören, sind Regelverletzungen aber nur schwer nachzuweisen. Ob eine „Instruktion“ einem Parteimitglied oder einem verantwortlichen Beamten gelte, sei selten genau festzustellen, äußerte dieser Tage ein Mitglied der Landeswahlleitung.
Medwedjew soll die Partei als Spitzenkandidat in die Duma-Wahl führen
Auf dem Wahlparteitag von „Einiges Russland“ vor gut zwei Wochen hatten Präsident Medwedjew und Ministerpräsident Putin bekanntgegeben, dass Medwedjew auf die Bewerbung um eine zweite Amtszeit im Kreml verzichte und sich Putin abermals um das Amt des Präsidenten bewerbe, der im Frühjahr gewählt wird. Medwedjew soll die Partei als Spitzenkandidat in die Duma-Wahl führen. Selbst nach offiziellen Umfragewerten ist aber zweifelhaft, dass „Einiges Russland“ mit Medwedjew, der seit dem Wahltag als „lahme Ente“ gilt, das Ergebnis von 2007 wiederholen kann.
Wohl deshalb entschied sich Putin, sein Prestige in der Bevölkerung in die Waagschale zu werfen. Der ursprünglich für einen Zeitraum nach der Parlamentswahl vorgesehene Parteitag, auf dem Putin offiziell zum Kandidaten für die Präsidentschaft gekürt werden sollte, wurde jetzt auf den Sonntag eine Woche vor der Wahl vorverlegt. Beobachter meinen, die Partei hoffe auf einen Schub an Zustimmung, wenn Putin als Parteikandidat für die Präsidentschaft bereits vor der Duma-Wahl offiziell feststehe.