Russisch-syrische Kooperation : Putins nächster Coup
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Syriens Luftwaffe ist weithin zerstört. Jetzt kommt russische Unterstützung. Bild: AFP
In großer Eile baut Russland eine Basis für Luftschläge in Syrien auf. Putin will wieder auf der großen Bühne mitspielen und schlägt eine Anti-Terror-Koalition vor.
Plötzlich hat es Wladimir Putin sehr eilig. So schnell wie möglich will der russische Präsident sein Militär in Syrien aufrüsten. Deswegen fliegen seit zehn Tagen die großen Antonow-Transportmaschinen vom Typ AN-124 nach Syrien. Ihr Ziel ist der Flugplatz in Jableh, einer Küstenstadt 25 Kilometer südlich der Stadt Latakia. Nicht drei oder vier solcher Flüge, wie gemeldet, hat es bisher gegeben. Nein, bis zum Freitag waren es schon 25. Das sind rund drei Flüge am Tag. Schnell muss es jetzt gehen.
Zudem haben in den vergangenen Tagen mehrere Schiffe dort angelegt, unter ihnen das russische Landungsschiff „Nikolaj Filtschenkow“, vollgepackt mit Militärmaterial. Schützenpanzer, Militärlaster und Granatwerfer sind nach Syrien gebracht worden. Insgesamt wurden bis zum Wochenende rund 250 Container in Jableh ausgeladen. Ein weiteres Schiff, die „Cäsar Kunikow“, ist unterwegs. An Bord sind nicht nur russische Militärgüter, sondern auch Soldaten. Es sollen rund 300 Mann der 810. Brigade der Marineinfanteristen sein, stationiert in Sewastopol auf der Krim. Sie werden gern als Objektschützer eingesetzt. Bisher befinden sich rund hundert russische Soldaten in Jableh; es ist die Vorhut.
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Mehr erfahrenDoch was hat Russland an der Küste im Westen Syriens vor? Geht es darum, dem in Bedrängnis geratenen Diktator Baschar al Assad aus der Klemme zu helfen? Oder spielt Putin ein anderes, größeres Spiel? Waffen hat Moskau schon immer an das Regime seines Verbündeten Assad geliefert. Und auch russische Militärberater halten sich seit langem in Syrien auf. Das betont Moskau in diesen Tagen immer wieder, um die jüngsten Aktionen als erweiterten Normalfall darzustellen. Das sind sie allerdings nicht. Denn die bisherigen Waffenlieferungen gingen in der Regel per Schiff über den Hafen in Tartus, knapp hundert Kilometer südlich von Latakia. Dort hat Russland einen kleinen Marinestützpunkt, seinen einzigen im Mittelmeer. Doch nun bringt Russland Waffen, Material und Soldaten auf dem Luftweg über Iran und den Irak nach Syrien. Damit es schneller geht, wollte Moskau zugleich die kürzere Flugroute über Bulgarien und Griechenland nutzen. Doch Sofia verweigerte die Überflugrechte. Russland dürfe den bulgarischen Luftraum nur überfliegen, wenn man die Fracht, angeblich humanitäre Hilfsgüter für Syrien, auch inspizieren könne, teilte Sofia mit. Moskau lehnte ab.
Das Nato-Mitglied Bulgarien verwehrte den Russen den Überflug auf Bitten der Vereinigten Staaten. Die Regierung in Washington ist höchst beunruhigt über die russische Aufrüstung im Bürgerkriegsland Syrien. In amerikanischen wie europäischen Sicherheitskreisen ist man überzeugt: Russland richtet dort eine Operationsbasis für seine Luftwaffe ein. Das gilt als Demonstration der Stärke. Russland könnte von dort in die Kampfhandlungen in Syrien und der ganzen Region eingreifen. Das könnte Assad massiv stärken. Aber es könnte auch dessen Gegner – Saudi-Arabien, Qatar und die Türkei – provozieren, die militanten Gegner Assads noch stärker als bisher zu unterstützen. Der Krieg in Syrien würde noch unerbittlicher weitergehen.
Rededuell zwischen Obama und Putin erwartet
Die Eile, mit der Putin den Aufbau der Operationsbasis vorantreibt, hat aber einen anderen Grund, als Assad zur Seite zu stehen. Die Flugleitzentrale soll bis Ende September betriebsbereit sein. Bis dahin, so heißt es in Sicherheitskreisen, soll es insgesamt rund hundert Transportflüge der An-124-Flotte geben. Hundert Wohncontainer sollen errichtet werden. Etwa tausend russische Soldaten soll die Basis dann haben, ausgerüstet mit modernster Radar- und Lasertechnik, mit denen sich Ziele für russische Kampfflugzeuge genau bestimmen lassen. Der Stichtag, bis zu dem die Basis einsatzbereit sein soll, ist der 28. September.