Debatte um Energieversorgung : Habeck: Atomkraft hilft gar nicht
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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag in Wien Bild: dpa
Der grüne Vizekanzler weist die Forderung der CDU nach längeren Laufzeiten für Kernkraftwerke zurück. In Wien unterzeichnet Robert Habeck eine Vereinbarung zur Gas-Kooperation mit Österreich.
Der grüne Vizekanzler, Wirtschaftsminister Robert Habeck, hat den Appell des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zu längeren Laufzeiten für die deutschen Kernkraftwerke zurückgewiesen. Deutschland habe ein „Wärmeproblem, aber kein Stromproblem“, sagte Habeck am Dienstag während eines Besuchs in Österreich. „Dagegen hilft Atomkraft gar nichts.“ Merz hatte in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung die Grünen aufgerufen, über ihren „Schatten zu springen“ und einer Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke zuzustimmen.
Habeck sagte, zwar gelte es, die Verstromung von Gas zu reduzieren. Dafür wolle er Kohlekraftreserven nutzen. Der „geringe Anteil“ an zusätzlichen Strommengen, der durch ein Weiterlaufen der für die Abschaltung vorgesehenen Kernkraftwerke zu erreichen wäre, stehe in keinem Verhältnis zu den Risiken und zum gesetzlichen Aufwand, der dafür erforderlich wäre. „Diese Abwägung, möglicher, sehr geringer Vorteil und Sicherheitsfrage, hat mich zu der Schlussfolgerung gebracht, dass die Atomkraft nicht hilft.“
Erdgasspeicher Haidach wichtig für deutsche Reserven
Der Wirtschaftsminister unterzeichnete in Wien eine Kooperationsvereinbarung zur Nutzung der Erdgasspeicher in Österreich, zur Durchleitung von Gas und zur Diversifizierung der Versorgungsquellen. Dabei geht es vor allem um den Erdgasspeicher Haidach bei Salzburg, der für die Reserven in Deutschland und anderen europäischen Ländern wie Slowenien eine wichtige Rolle spielt.
Die Leitungen von dem Speicher gehen direkt nach Deutschland. Österreich will kurzfristig – noch vor dem Winter – durch Leitungen den Speicher auch direkt für österreichische Abnehmer nutzbar machen.
Vor der parlamentarischen Sommerpause hat Österreich auch noch die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass derjenige Teil des Speichers Haidach, der vom russischen Staatskonzern Gazprom kontrolliert wird und bislang gar nicht befüllt worden ist, von anderen Nutzern befüllt werden kann. Für die Nutzungsrechte gab die konservativ-grüne Regierung in Wien die Parole aus: „Use it or lose it.“
Die österreichische Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte, man sei in der Gasversorgung aufeinander angewiesen. Österreich könne als Binnenland beispielsweise keine Häfen zum Bezug von Flüssiggas (LNG) bauen, andererseits habe es große Gasspeicher, die von den Partnern genutzt würden. Sie ermuntere und unterstütze österreichische Unternehmen, sich an Ausschreibungen zum Bau von LNG-Häfen zu beteiligen, sagte die Grünenpolitikerin.
Maßgeblich sei, dass man sich durch die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht „auseinanderdividieren“ lasse. Gewessler sprach sich insbesondere auch dafür aus, dass die Pläne zur gemeinsamen Beschaffung von Erdgas in der Europäischen Union schneller vorangetrieben würden.
Habeck: Schicksalsgemeinschaft in Europa
So soll verhindert werden, dass die EU-Staaten durch konkurrierende Angebote den Preis zusätzlich in die Höhe treiben. Sie habe hier die Erwartung: „Schneller werden!“ Auch Habeck wies darauf hin, dass kein EU-Land stark genug sei, um allein in der gegenwärtigen Situation zu bestehen, es gebe eine „Schicksalsgemeinschaft in Europa“.
Habeck sprach sich auch dafür aus, die europäische Notfallverordnung für die Energieversorgung zu überarbeiten. Gegenwärtig sei vorgesehen, kritische Infrastruktur und Verbraucher zu schützen, nicht aber die Industrie. Das sei im Fall von kurzfristigen, technisch bedingten Störungen sinnvoll, aber nicht in dem gegenwärtigen politischen Szenario.
„Wir rechnen mit monatelanger Unterbrechung von Gasströmen“, sagte Habeck. „Niemand soll frieren, aber Privathaushalte sollen auch ihren Beitrag leisten.“ Denn von möglichen Produktionsausfällen in der Industrie wären ebenfalls alle schwer betroffen.