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Geflüchtete aus der Ukraine : Moldau: „Der Exodus wird noch größer werden“

Hinter dieser etwas umständlichen For­mulierung der Ministerin, die sie nicht näher ausführen wollte, steht offenkundig die in Chișinău dieser Tage oft zu hörende Sorge, der Krieg in der Ukraine könne auf das eigene Land übergreifen. Das muss nicht zwangsläufig in Form ei­ner Besetzung des ganzen Landes durch russische Truppen geschehen. Am häufigsten ist die Befürchtung zu hören, Putins Truppen könnten, sollte die Einnahme der Hafenstadt Odessa oder von deren Ruinen gelingen, von dort aus nordwärts marschieren und die von der Republik Moldau abtrünnige Region Transnistrien besetzen

Dieser schmale Landstrich ist durchaus prorussisch ge­stimmt und wird maßgeblich aus Moskau finanziert. Allerdings haben lokale Macht­haber und Geschäftemacher dort in den vergangenen Jahren immer wieder eine partielle Eigenständigkeit an den Tag gelegt, die dem Kreml nicht gefallen kann. Die Republik Moldau, die einem russischen Angriff militärisch nichts entgegenzusetzen hätte, ist laut Verfassung neutral und strebt keinen NATO-Beitritt an.

Innenministerin Ana Revenco und Außenminister Nicu Popescu appellieren an die Europäer
Innenministerin Ana Revenco und Außenminister Nicu Popescu appellieren an die Europäer : Bild: EPA

Die derzeitige Staatsführung um Präsidentin Maia Sandu versucht aber, das Land an die EU heranzuführen. Sandu hat in der vergangenen Woche sogar ei­nen (nach derzeitigem Stand der Dinge aussichtslosen) Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt.

Kooperation mit Rumänien

Derzeit benötigt die Regierung aber vor allem kurzfristige Hilfe. „Um so ef­fektiv wie möglich zu handeln, versuchen wir, die Unterstützung aller Partner zu er­halten. Hilfe für Flüchtlinge trifft mittlerweile ein, und mit dem, was wir haben, können wir das Nötigste bereitstellen – aber es ist schwierig, mit so einem intensiven Zustrom fertig zu werden“, kommentierte Innenministerin Revenco die Lage.

Als Beispiel für wirksame Unterstützung führte sie die Kooperation mit Ru­mänien an. Man habe gemeinsame „Flüchtlingskorridore“ geschaffen, damit Durchreisende schneller an ihr Ziel ge­langen könnten. In der Republik Moldau selbst habe die Regierung bisher drei Übergangslager eingerichtet, „damit die Menschen einen Ort haben, um sich auszuruhen und ein Stück Brot, heißen Tee und andere Dinge bekommen zu können, die nötig sind, um die eigene Würde als Mensch zu bewahren“. Es gebe zwar eine wachsende Zahl an Freiwilligen, die bei der Versorgung helfen, doch wachse auch die Zahl der Flüchtlinge. „Und die Dynamik zeigt, dass der Exodus sogar noch größer werden wird.“

Die Regierung öffnet daher seit Tagen immer wieder den ei­gentlich geschlossenen Luftraum für Flüge, die humanitäre Hilfe ins Land bringen. Dies gilt laut der Innenministerin auch für Fälle, in denen Geflüchtete in andere aufnahmebereite Länder ausgeflogen werden. „Diese Luftbrücken be­ginnen zu funktionieren, und wir stehen in ständigem Kontakt mit den akkreditierten Botschaften in Chișinău, damit wir so viele Menschen wie möglich in kürzester Zeit an die Orte bringen können, die sie erreichen möchten.“ Die An­gaben zur Zahl der Flüchtlinge in Moldau variieren je nach Quelle. Der moldau­ische Außenminister Nicu Popescu teilte am Sonntag mit, derzeit hielten sich 96.000 ukrainische Bürger im Land auf, darunter 40.000 Minderjährige. Laut Staatspräsidentin Sandu sind es 30.000 Minderjährige.

Die Rolle Moldaus in der Flüchtlingskrise war auch ein Thema von Sandus Gesprächen mit dem amerikanischen Außenminister Antony Blinken, der am Samstag in Chișinău eingetroffen war. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock wird im Anschluss an eine Balkanreise am Freitag oder Samstag ebenfalls in der moldauischen Hauptstadt er­wartet.

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