Reaktionen auf die Handyaffäre : „Wir müssen uns gegen Amerika behaupten“
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Merkel mit einem Blackberry Z10 - der offenbar nicht Ziel des Angriffs war Bild: REUTERS
Die Berichte, die NSA habe das Telefon der Kanzlerin abgehört, haben international heftige Reaktionen ausgelöst. EU-Politiker forderten ein gemeinsames Vorgehen im Datenschutz. Auch auf dem EU-Gipfel wird das Thema behandelt werden.
Die weder von der Bundesregierung noch von den Vereinigten Staaten dementierten Berichte, der amerikanische Militärgeheimdienst NSA habe das Telefon der Kanzlerin abgehört, haben international heftige Reaktionen ausgelöst. Auf dem EU-Gipfel, der am Donnerstagnachmittag beginnt, wird das Thema eine Rolle spielen.
Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding sagte am Donnerstag, die jüngsten Abhörskandale zeigten, dass Datenschutz für alle gelten müsse – „egal, ob es um die E-Mails der Bürger oder das Handy von Angela Merkel geht“. Gegenüber „Bild online“ sagte Reding weiter: „Wir brauchen jetzt großen europäischen Datenschutz gegen große Lauschohren.“ Sie forderte die Staats- und Regierungschefs auf, bei ihrem Treffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel den Weg für die EU-Datenschutzreform frei zumachen. Nur so könne sich Europa glaubwürdig gegen die Vereinigten Staaten behaupten. Die Kleinstaaterei im Datenschutz müsse ein Ende haben.
Der EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistung, Michel Barnier, sagte dem Sender BBC, „genug ist genug“, das Vertrauen in die Vereinigten Staaten sei erschüttert.
Hannes Swoboda, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, äußerte, die EU tue gut daran, neben dem Swift-Abkommen mit den Vereinigten Staaten auch andere Verträge auszusetzen, die den Informationsaustausch regelten. Die Abkommen müssten mit Washington neu ausgehandelt werden. Die Schutzklauseln in solchen Verträgen dürften nicht durch Geheimdienste durchbrochen werden. Swoboda sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass es sich bei der Handy-Abhöraffäre Kanzlerin Merkels um einen Einzelfall unter den EU-Spitzenpolitikern handele. Vielmehr gehe die NSA vermutlich „systematisch“ vor.
Washington: Überwachen Cameron nicht
Eine Sprecherin des amerikanischen Nationalen Sicherheitsrats sagte unterdessen, die Vereinigten Staaten würden die Kommunikation des britischen Premierministers Cameron nicht überwachen. Auf Nachfrage äußerte die Sprecherin, man habe Camerons digitale Kommunikation auch in der Vergangenheit nicht überwacht.
Die spanische Regierung verfügt unterdessen über keine Anhaltspunkte für mögliche Überwachungsaktivitäten der NSA in Spanien. Dies sagte Verteidigungsminister Pedro Morenés nach einem Bericht der Zeitung „El País“ (Donnerstagsausgabe) am Rande eines Nato-Ministertreffens in Brüssel. Wenn Madrid Hinweise darauf erhielte, daß auch in Spanien Telefongespräche oder E-Mails ausgespäht worden seien, würde die Regierung von Washington eine Erklärung und eine sofortige Einstellung dieser Aktivitäten verlangen. „El País“ hatte zuvor unter Berufung auf spanische Geheimdienstkreise berichtet, dass der Verdacht bestehe, dass auch in Spanien Millionen von Telefongesprächen, SMS und E-Mails ausgespäht worden seien. Nach spanischem Recht ist das Abhören privater Telefongespräche oder das Abfangen von E-Mails eine Straftat, sofern die Überwachung ohne Anordnung eines Richters geschieht.