Putschführer in Sudan : Armeechef: Ministerpräsident kann bald nach Hause
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General Abd al-Fattah al-Burhan am Dienstag in Khartum Bild: dpa
General Abd al-Fattah al-Burhan versucht, seinen Coup zu rechtfertigen. Die EU-Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika hat die Hoffnung auf ein gutes Ende noch nicht aufgegeben.
Der Putschführer in Sudan, Armeechef Abd al-Fattah al-Burhan, hat angekündigt, der inhaftierte Ministerpräsident Abdalla Hamdok könne bald in seine Residenz zurückkehren. Dies werde „heute oder morgen“ geschehen, sagte al-Burhan am Dienstag vor Journalisten in Khartum. Dort hatte er am Montag einen Staatsstreich durchgeführt.
Hamdok und weitere zivile Mitglieder der 2019 eingesetzten Übergangsregierung waren festgenommen worden. Die Armee hatte zentrale Institutionen in Khartum übernommen, Straßen und Brücken blockiert und war teilweise gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Dabei sind unterschiedlichen Angaben zufolge mindestens sieben Menschen zu Tode gekommen und weit mehr als 100 verletzt worden.
Al-Burhan: Zivile Regierung weiter möglich
Zahlreiche internationale Akteure hatten in Reaktion auf die Machtübernahme die Freilassung Hamdoks gefordert. Al-Burhan sagte nun, er habe den Ministerpräsidenten zu dessen Sicherheit in seine eigene Residenz bringen lassen. „Er ist bei mir zu Hause.“ Der Armeechef bemühte sich wie am Vortag, dem Vorwurf des Putsches entgegenzuwirken: Die Maßnahmen des Militärs seien notwendig gewesen, um die Nation zu retten, die sich am Rande eines Bürgerkriegs befunden habe. Dafür seien politische Gruppen verantwortlich gewesen, die den Übergang zur Demokratie zum Scheitern bringen wollten.
Al-Burhan sagte, eine zivile Regierung sei weiter nötig, und versprach, die Notstandsgesetze würden so bald wie möglich aufgehoben. Auch werde das Internet schrittweise wieder verfügbar sein.
Teile der Kommunikationsnetze waren am Dienstag weiter abgeschaltet. Das Militär hielt Verbindungsstraßen besetzt, es gab aber auch von Demonstranten errichtete Barrikaden. Es kam abermals landesweit zu Protesten gegen die gewaltsame Machtübernahme. Anhänger der abgesetzten zivilen Regierung riefen zum Streik auf, die meisten Geschäfte in Khartum waren geschlossen.
Mehrere nicht inhaftierte Minister teilten mit, dass sie sich weiterhin als legitime Regierung betrachten. Außenministerin Mariam al-Mahdi sagte der Nachrichtenagentur AP: „Wir werden unseren friedlichen Ungehorsam und Widerstand fortsetzen.“ Die Übergangsregierung war von Militärs und einer Allianz ziviler Kräfte gemeinsam eingesetzt worden, nachdem im April 2019 der Machthaber Omar al-Baschir von der Macht vertrieben worden war. Seit Ende September, als Anhänger des Al-Baschir-Regimes innerhalb der Armee einen ersten Putschversuch unternommen hatten, waren die Spannungen innerhalb des Bündnisses jedoch immer stärker geworden.
In jenen Wochen habe es auf der politischen Ebene starke „Hintergrundgeräusche“ gegeben, sagte Annette Weber, die Sonderbeauftragte der Europäischen Union für das Horn von Afrika, der F.A.Z. Das Militär habe immer stärker ein Narrativ propagiert, wonach die Zivilisten in der Übergangsregierung „nicht die Richtigen“ seien. Sie bezweifle jedoch, dass die Machtübernahme durch das Militär dem Wunsch der Bevölkerung entspreche, sagte die deutsche EU-Diplomatin. „Und es entspricht nicht der Vereinbarung, die beide Seiten geschlossen haben. Das ist alles nicht verfassungsgemäß.“
„Ich bin noch nicht am Ende meines Optimismus angelangt“
Sie glaube allerdings, dass ein Umdenken innerhalb des Militärs noch möglich sei, sagte Weber. „Ich bin noch nicht am Ende meines Optimismus angelangt. Es kommt jetzt auf die sudanesische Bevölkerung an und auf klare Botschaften aus der internationalen Gemeinschaft.“ Der Armeeführung müsse verdeutlicht werden, dass sie weder politisch noch finanziell Unterstützung von außen erwarten könne, wenn der Transitionsprozess nicht gemeinsam geführt werde.
Die Äußerungen von Armeechef al-Burhan vom Dienstag scheinen darauf hinzudeuten, wie das Militär diese Hürde zu umschiffen gedenkt. Zu der Frage, ob die Generale möglicherweise versuchen werden, eine zivile „Fassade“ zu errichten, sagte die EU-Sonderbeauftragte: „Ich kann mir vorstellen, dass die das versuchen. Das ist aber pure Spekulation. Wir sind gerade sehr klar in unserer Verurteilung des Putsches.“
Auch in den Botschaften, die Vertreter westlicher Staaten in den vergangenen Wochen in Khartum überbracht hätten, habe es nicht an Klarheit gemangelt. Dennoch müsse man nach den Ereignissen vom Montag wohl „ein großes Fragezeichen dahinter machen, ob die Botschaften angekommen sind“, sagte Weber.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wollte sich am Dienstagabend in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage in Sudan befassen. Die amerikanische Regierung hatte am Montagabend verkündet, für Sudan bestimmte Zahlungen in Höhe von 700 Millionen Dollar auszusetzen.