Nach dem Putsch in Myanmar : Proteste gegen Militärjunta werden stärker
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Die Polizei umringt: Tausende Menschen auf den Straßen Yangons Bild: EPA
In Myanmar gehen auch am Montag wieder Zehntausende gegen den Militärputsch auf die Straße. Zum ersten Mal setzt die Polizei Wasserwerfer gegen die Proteste ein. Wie reagiert das neue Regime?
Den dritten Tag in Folge sind am Montag in Myanmar (Burma) Zehntausende Menschen gegen den Militärputsch auf die Straße gegangen. Die Demonstrationen verliefen wie in den Tagen zuvor zunächst friedlich. Gleichzeitig gab es Hinweise, dass das Militärregime die Proteste auf Dauer nicht einfach so akzeptieren wird. Im Staatsfernsehen wurde laut Nachrichtenagenturen vor juristischen Konsequenzen für Vergehen gedroht, mit denen die „Stabilität, öffentliche Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit“ gefährdet werde.
Zum ersten Mal setzte die Polizei in der Hauptstadt Naypyidaw außerdem Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein. Aktivisten bezeichneten den Einsatz als ungerechtfertigt. „Die Militärjunta macht unerlaubten Gebrauch von Wasserwerfern. Die internationale Gemeinschaft muss die Militärjunta auffordern, dass sie internationales Recht respektieren muss“, sagte die Aktivistin Thinzar Shunlei Yi der F.A.Z. aus Yangon (Rangun). Verhandlungen zwischen Militär und Demonstranten, um zu einer Lösung zu kommen, finden ihr zufolge bisher noch nicht statt. „Die Protestierenden haben ihre Forderung gestellt, aber das Militär hat darauf bisher nicht geantwortet“, sagte Thinzar Shunlei Yi.
In Myanmars größter Stadt tauchten am Montag auch zum ersten Mal Autokolonnen mit pro-militärischen Demonstranten auf. Sie weckten die Befürchtung, dass es zu Konflikten zwischen den Anti-Putsch-Protesten und den Anhängern des Militärs kommen könnte. Mitglieder früherer Demokratiebewegungen befürchten, dass das Regime wie in den Jahren 1988 und 2007 mit Gewalt gegen die Demonstrationen vorgehen könnte.
Vorerst lassen sich die Demonstranten davon aber nicht abhalten. Laut Thinzar Shunlei Yi war die Zahl der Demonstranten am Montag noch größer als am Tag davor. Für Montag hatten Aktivisten auch zu einem Generalstreik aufgerufen. Immer mehr Bevölkerungsgruppen schließen sich den Demonstrationen an, Verwaltungsbeamte, Lehrer, Anwälte, Krankenschwestern, Feuerwehrleute und buddhistische Mönche wurden unter den Demonstranten gesichtet. Neben Yangon, Mandalay und Mawlamyine fanden in Dutzenden anderen Städten Demonstrationen statt. In Naypyidaw waren es die wohl bisher größten Demonstrationen seit dem Bau der Retortenhauptstadt. Auf Bildern war eine Menschenmenge zu sehen, die Sicherheitskräften und Truppentransportern gegenüber standen.
Mit einem solchen Aufflammen des Volkszorns hatte das Militär wohl nicht gerechnet, als es vor einer Woche die Zivilregierung abgesetzt sowie die Staatsrätin Aung San Suu Kyi, den Präsidenten Win Myint und weitere Regierungsmitglieder und Aktivisten festgenommen hatte.
Wie schon am Wochenende dominierten rote Flaggen, rote T-Shirts und rote Luftballons die Demonstrationen. Rot ist die Farbe von Aung San Suu Kyis „Nationalliga für Demokratie“ (NLD). Doch eine zunehmende Zahl der Teilnehmer trug am Montag aus Protest gegen den Putsch schwarze Kleidung. Viele Demonstranten zeigten auch durchgestrichene Fotos des Generals Min Aung Hlaing, der nun an der Spitze der Militärregierung steht. Überall präsent war auch wieder der Dreifingergruß, den die Demonstranten als Protestzeichen von den Demokratieprotesten im Nachbarland Thailand übernommen haben. Er stammt ursprünglich aus der Filmreihe „Die Tribute von Panem“.
Burma oder Myanmar?
Bislang benutzte die F.A.Z. den Ländernamen „Burma“ und nicht „Myanmar“, eine englischsprachige Bezeichnung, welche das damalige Militärregime im Jahr 1989 ohne Einbeziehung des Volkes verordnet hatte. In der britischen Kolonialzeit war „Burma“ der offizielle englische Landesname. Er leitet sich von der umgangssprachlichen Bezeichnung „Bama“ ab, die in der Landessprache bis heute gleichbedeutend mit „Myanma“ benutzt wird, der durchgehend verwendeten Aussprache des Landesnamens. Trotz seiner kolonialen Herkunft bevorzugte die Demokratiebewegung um Aung San Suu Kyi den Begriff „Burma“, da sie die Änderung in „Myanmar“ als herrschaftlichen Willkürakt der damaligen Militärdiktatur ansah. Verschiedene Institutionen und Publikationen halten deshalb weiter an dieser Schreibweise fest, darunter das amerikanische Außenministerium.
Mittlerweile hat aber auch ein großer Teil der Demokratiebewegung die Bezeichnung im Englischen übernommen. Aus Gründen der Verständlichkeit, des Leserinteresses und der besseren Auffindbarkeit der Artikel im Internet hat sich die F.A.Z. entschieden, auf das gängigere „Myanmar“ umzustellen. Um der Klarheit willen verwenden wir für einen begrenzten Zeitraum die Version „Myanmar (Burma)“.