Proteste trotz Corona : Schwere Unruhen im Libanon
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Ein Demonstrant in Beirut, umstellt von Polizisten. Bild: dpa
Ein junger Mann stirbt bei Zusammenstößen mit dem Militär, in den Städten brennen Bankfilialen: Die Unruhen im Libanon eskalieren.
Im Libanon eskalieren die Proteste gegen die korrupte politische Klasse. In der Nacht zum Mittwoch kam es abermals zu schweren Krawallen. In Beirut, Tripolis, Saida und anderen Städten des Landes wurden laut Fernsehberichten insgesamt mindestens ein Dutzend Bankfilialen in Brand gesteckt, die vielen als Symbol für die jahrelange Misswirtschaft gelten.
Am Montag war in Tripolis ein 26 Jahre alter Mann bei Zusammenstößen zwischen Armee und Protestierenden tödlich verletzt worden. Er wurde als „Märtyrer des Hungers“ bezeichnet. Die wirtschaftliche Not in der Großstadt im Norden ist deutlich größer als in anderen Teilen des Landes. Hintergrund der Krawalle sind der Frust über die korrupten politischen Führer, die den Libanon heruntergewirtschaftet haben, und eine Wirtschaftskrise von ungekanntem Ausmaß.
Ministerpräsident Hassan Diab forderte seine Landsleute auf, auf Gewalt zu verzichten. Diab sagte, Menschen mit „böswilligen Intentionen“ würden „hinter den Kulissen“ daran arbeiten, die Stabilität des Landes zu erschüttern. „Wir sind mit einer neuen Realität konfrontiert“, hieß es in einer Erklärung von Diab in Anspielung, „einer Realität, die die soziale Krise und die Krise der Lebensumstände in Rekordzeit verschlimmert hat“.
Zunehmend gewaltsam
Die Regierung hatte sich schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie für bankrott erklärt. Der Wert der Landeswährung hat sich seit dem Sommer halbiert; sie war lange zu einem festen Wechselkurs an den Dollar gebunden. Weil der Libanon fast alle Güter importieren muss, nimmt der alltägliche Überlebensdruck massiv zu. Insbesondere in den vergangenen Tagen und Wochen hat sich der Wertverfall deutlich beschleunigt hat.
Die strengen Maßnahmen, die zur Eindämmung der Corona-Infektionen verhängt wurden, haben die Wirtschaft weiter abgewürgt. Immer mehr Libanesen haben Schwierigkeiten, ihre Lebensmittel zu bezahlen. Der Minister für soziale Angelegenheiten sagte dem Fernsehsender CNN, drei Viertel der Bevölkerung seien auf Hilfe abgewiesen.
Schon im Oktober hatten die Libanesen gegen die wirtschaftlichen Verhältnisse aufbegehrt. Doch die Proteste waren versandet und durch Ausgangsbeschränkungen der Corona-Krise zum Erliegen gebracht worden. Nun werden sie zunehmend gewaltsam.