Vor Präsidentenwahl in Italien : Berlusconi droht Draghi mit Koalitionsbruch
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Silvio Berlusconi fordert Draghi heraus Bild: AP
Silvio Berlusconi will italienischer Präsident werden. Das will auch Ministerpräsident Mario Draghi. Aber Draghi hat keine Hausmacht und Berlusconi gleich zwei politische Druckmittel.
Weniger als zwei Wochen vor der Wahl eines neuen Staatspräsidenten fordert der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi den amtierenden Ministerpräsidenten Mario Draghi heraus. Berlusconi ließ am Montagabend durchsickern, seine christlich-demokratische Partei Forza Italia werde die gegenwärtige Koalition verlassen und vorgezogene Parlamentswahlen erzwingen, sollte Draghi vom Amt des Ministerpräsidenten in jenes des Staatspräsidenten wechseln. Mit der unverblümten Warnung an Draghi unterstreicht der 85 Jahre alte Berlusconi seine eigenen Ambitionen auf das höchste Staatsamt.
Dieses Amt strebt auch der elf Jahre jüngere Draghi an, ohne dass er dies bisher so deutlich signalisiert hätte wie Berlusconi. Zwar verfügt der Staatschef über keine eigentliche Exekutivgewalt, er ernennt aber den Ministerpräsidenten, er kann Minister und Gesetze ablehnen sowie die Auflösung des Parlaments verfügen.
Draghi verfügt über keine Hausmacht
Draghis politische Position wird zusätzlich durch den Umstand geschwächt, dass es in der von ihm geführten breiten Koalition von der populistischen Linken über die politische Mitte bis zur nationalistischen Rechten zunehmend Spannungen gibt. Beobachter in Rom äußern die Überzeugung, der frühere EZB-Chef habe sein politisches Kapital aufgebraucht und werde von den zerstrittenen Parteien seines zunehmend fragilen Regierungsbündnisses planvoll demontiert. Draghi ist parteilos und verfügt über keine politische Hausmacht. Seine Macht gründet allein auf seinem hohen Ansehen in der italienischen Bevölkerung und in Europa sowie auf der Unterstützung durch den scheidenden Präsidenten Sergio Mattarella, der ihn im Februar 2021 in das Regierungsamt berufen hatte.
Mattarellas Mandat endet am 3. Februar. Die Wahl eines neuen Präsidenten durch beide Parlamentskammern und durch Vertreter der 20 Regionen beginnt am 24. Januar. In den ersten drei Wahlgängen ist die Zweidrittelmehrheit notwendig, vom vierten Wahlgang an genügt die absolute Mehrheit der 1009 Stimmen. Draghi strebt im Falle seiner Wahl ins Präsidentenamt an, dass die bestehende Koalition unter einem von ihm ernannten neuen Ministerpräsidenten bis zum Ende der Legislaturperiode im März 2023 im Amt bleibt. Berlusconi argumentiert, nur er als neuer Präsident könne den Fortbestand der Koalition Draghi gewährleisten.