Panzer für die Ukraine : Wie Warschau den Druck auf Berlin erhöht
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Die polnischen und ukrainischen Präsidenten, Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj, am 11. Januar in Kiew Bild: dpa
Polen ist der lautstärkste Fürsprecher von Leopard-2-Lieferungen an die Ukraine. Der Grund dafür liegt auch im eigenen Sicherheitsempfinden. Zuletzt kamen sogar Andeutungen, man könne die Panzer ohne deutsche Zustimmung übergeben.
In den Wochen vor dem Treffen in Ramstein hat die polnische Regierung versucht, systematisch den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern in die Ukraine zuzustimmen. Den Anfang machte in der ersten Woche des neuen Jahres Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, als er – noch relativ vorsichtig – über Polens Bereitschaft sprach, einige seiner eigenen Leopard-Panzer im Rahmen einer internationalen Koalition an die Ukraine zu liefern.
Mitte der vorigen Woche sagte Staatspräsident Andrzej Duda dann, Polen habe entschieden, der Ukraine eine Kompanie seiner Leopard 2 zu überlassen. Besonderes symbolisches Gewicht bekam diese Zusage dadurch, dass Duda sie in Lemberg in der Westukraine an der Seite des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj machte. Dabei war seine Botschaft im Kern die gleiche wie die Morawieckis wenige Tage zuvor. Auch Duda machte die Panzerlieferung davon abhängig, dass dies im Rahmen einer internationalen Allianz geschehe. Aber der Akzent war nun ein anderer, zumal Sprecher der polnischen Führung davon sprachen, man führe intensive Gespräche über die Bildung einer solchen Koalition.
„Stehen auch sehr weit oben auf der Liste der russischen Ziele“
Den nächsten Schritt machte dann wieder Morawiecki, als er am Montag in Berlin bei einer Feierstunde der CDU/CSU-Fraktion zu Ehren von Wolfgang Schäuble sprach, der seit 50 Jahren dem Bundestag angehört. Schon vor seiner Abreise aus Warschau hatte er angekündigt, in Berlin mit verschiedenen deutschen Politikern über Kampfpanzer für die Ukraine sprechen zu wollen.
Er ging dabei indirekt auf die in Deutschland besonders ausgeprägte Debatte ein, die Lieferung solcher Waffen könne zu einer weiteren Eskalation des Kriegs führen: „Eine Niederlage der Ukraine könnte das Vorspiel für einen dritten Weltkrieg sein“, hielt Morawiecki dem entgegen. Der Ukraine sollten alle Arten von Waffen geliefert werden. Am Mittwoch ging Morawiecki in Warschau noch einen Schritt weiter. Er sagte, Polen werde weiter Druck auf das Kanzleramt ausüben und deutete an, notfalls könne Polen die Panzer der Ukraine auch ohne die Erlaubnis aus Berlin übergeben: „Entweder wir bekommen sie rasch oder wir handeln selbst so, wie es nötig ist.“
Andere polnische Politiker äußerten sich seither mit ähnlichen Andeutungen. So antwortete der stellvertretende Außenminister Paweł Jabłoński in einem Radio-Interview am Freitagmorgen auf die Frage, was geschehe, wenn Deutschland seine Zustimmung nicht gebe: Dann sei man auch zu „ungewöhnlichen“ Handlungen bereit, „selbst wenn jemand deshalb beleidigt sein wird“ – ließ aber offen, was das bedeute.
Das Ziel sei jedoch, „dass möglichst viele Staaten gemeinsam mit uns erfolgreich auf Deutschland einwirken“. Jabłoński begründete in dem Interview auch, weshalb Polen so viel daran liegt, dass die Ukraine moderne Kampfpanzer erhält: „Es ist vor allem in unserem Interesse, dass der russische Angriff in der Ukraine abgewehrt wird, denn wir stehen auch sehr weit oben auf der Liste der russischen Ziele.“ Je schneller und je mehr Panzer die Ukraine erhalte, „desto sicherer wird deshalb auch Polen sein“.
In der Kritik führender polnischer Regierungspolitiker an der zögerlichen deutschen Haltung zur Leopard-Lieferung in die Ukraine fehlten die schrillen antideutschen Töne, die sonst kennzeichnend für Vertreter der nationalkonservativen Regierungspartei PiS sind. Zwar äußerte der außenpolitische Sprecher der PiS, Radosław Fogiel, am Donnerstag die Sorge, „dass die deutsche Rechnung sich auf die Hoffnung stützt, zum billigen Handel mit russischem Gas zurückzukehren“. Die deutschen müssten stets „motiviert“ und „gedrängt“ werden, was irritiere und aus Sicht der Sicherheit der Ukraine gefährlich sei. Solche Worte könnten jedoch auch von Politikern der proeuropäischen Parteien im polnischen Parlament bis hin zur Linken kommen.