Piraterie : Eskalation am Horn von Afrika
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Somalische Piraten werden im Oktober 2009 von französischen Soldaten gestellt Bild: AP
Die jüngsten Vorfälle am Horn von Afrika markieren eine weitere Eskalation des Piratenunwesens. Dass sie eine ihrer Geiseln töten, war bislang nicht an der Tagesordnung. Neun Kaperungen und sechzehn Versuche auf Hoher See sind allein für das kaum angebrochene Jahr 2011 verzeichnet.
Was genau letzte Woche an Bord der „Beluga Nomination“ vor sich gegangen ist, ist noch unklar. Die Darstellungen sind widersprüchlich. Klar ist nur, dass mindestens zwei Seeleuten des Frachters, der am Montag tief im Indischen Ozean von Piraten gekapert worden war, die Flucht gelungen ist. Sie wurden am vergangenen Freitag von einem dänischen Kriegsschiff, der „Esbern Snare“, aufgenommen. Und offensichtlich ist mindestens ein Seemann von den Piraten getötet worden; das Schicksal von zwei weiteren ist noch unklar. Der Reeder von der „Beluga“ bezichtigt nun die internationalen Marinekräfte, durch eine Schießerei die Eskalation provoziert zu haben, während die Nato einstweilen nur davon spricht, dass Besatzungsmitglieder versucht hätten, die Piraten zu überwältigen.
So oder so markieren die Vorfälle eine weitere Eskalation des Piratenunwesens, das vom Horn von Afrika ausgeht, und zwar in verschiedenen Dimensionen. Zum einen scheint allseits die Eskalation der Gewalt zuzunehmen. Dass Piraten eine ihrer Geiseln töten, war bislang nicht an der Tagesordnung. Umgekehrt hatten es die Kriegsschiffe, die dort gegen die Piraterie vorgehen, es meist vermieden, das Feuer auf Schiffe zu eröffnen, auf denen Geiseln gehalten werden. Ende Januar hatten sich malaysische Soldaten mit Piraten ein Feuergefecht geliefert und so die Kaperung eines Chemietankers im Golf von Aden verhindert, dem Seegebiet zwischen dem Horn von Afrika und Jemen.
In einem anderen Fall stürmten südkoreanische Soldaten ein bereits gekapertes Schiff, dessen Besatzung sich in einen sicheren Schutzraum geflüchtet hatte, töteten etliche Piraten und befreiten die Besatzung. Vergangene Woche verfolgten indische Marinekräfte ein Mutterschiff, von dem aus Piraten ihre Angriffe in kleinen Sturmbooten vorzutragen pflegen. Das Mutterschiff war in diesem Fall ein früher gekaperter malaysischer Fischtrawler, dessen Besatzung noch als Geiseln an Bord gehalten wurde. Nach einem Feuergefecht ging das Schiff in Flammen auf und sank. Die Internetseite „Augen Geradeaus“ berichtet, dass das Mutterschiff eines von drei thailändischen Fischerbooten gewesen sei, die sich seit zwei Jahren in der Hand von somalischen Piraten befinden und von ihnen als schwimmende Basis für ihre Angriffe genutzt werden.
9 Kaperungen und 16 Versuche sind schon für das kurze Jahr 2011 verzeichnet
Doch auch räumlich breitet sich die Piraterie, die vom Horn von Afrika (und wohl auch vom immer weiter zerfallenden Staat „gegenüber“, nämlich Jemen) ausgeht, immer tiefer in den Indischen Ozean aus. Galt Anfang vergangenen Jahres ein Überfall nahe der Inselgruppe der Seychellen noch als ein Ausreißer, so fanden die letzten beiden Angriffe auf Schiffe deutscher Reeder in der vergangenen Woche schon auf halber Strecke nach Indien statt. Dort ist auch der Kulminationspunkt auf einer Karte des Internationalen Marinebüros (IMB) in Kuala Lumpur, das Piraterievorfälle in aller Welt verzeichnet.