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Verbindungen ins Drogenmilieu : Wie philippinische Behörden gegen korrupte Polizisten vorgehen

Im Dezember 2016 bewachen Einsatzkräfte der philippinischen Drogenbehörde PDEA sichergestellte Mittel zur Herstellung von Methamphetamin. Bild: dpa

Die Regierung in Manila will Polizisten mit Verbindungen zum Drogenmilieu finden. Dafür greift sie zu ungewöhnlichen Mitteln: Mehr als 900 Beamte reichen ihren Rücktritt ein – andere geben vor laufenden Kameras Urinproben ab.

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          Es waren ungewohnte Bilder, als Anfang des Jahres einige führende Polizisten der philippinischen Metropolregion Manila ihre Urinproben in die Kameras hielten. Der „überraschende“ Test auf illegale Substanzen war Teil einer Aktion der nationalen philippinischen Polizei, Beamte mit Verbindungen zum Drogenmilieu ausfindig zu machen. Kurz vorher hatten die Polizisten zudem ihre Kündigung eingereicht. Damit reagierten sie auf die Anweisung des Innenministers Benjamin Abalos Jr. an alle Führungskräfte der Polizei vom Rang eines Obersts oder Generals, Rücktrittsgesuche an ihre Vorgesetzten zu richten. Den Aufruf verband er mit der Frist, dieses Gesuch bis spätestens zum 31. Januar einzureichen.

          Till Fähnders
          Politischer Korrespondent für Südostasien.

          Der Zweck der Übung soll es sein, die Führungskräfte nach möglichen Verbindungen zum Drogenmilieu zu untersuchen. Mit diesen Untersuchungen, zu denen auch sogenannte Lifestyle-Checks gehören, wird in den kommenden Wochen ein fünfköpfiges Gremium beauftragt. Je nach Ergebnis wird das Rücktrittsgesuch angenommen oder abgelehnt. Sollte etwas gefunden werden, könnten die Beamten in den Ruhestand geschickt oder auch vor Gericht gebracht werden. Das Zwischenergebnis dürfte den Innenminister zufriedenstellen.

          Neue Drogenpolitik unter Marcos Jr.

          Bis zum Tag vor Ablauf der Frist hatten bis auf zehn alle der insgesamt 953 betroffenen Personen ihren Rücktritt eingereicht. Und auch auf einem anderen Gebiet erschien die Aktion zufriedenstellend verlaufen zu sein: Alle 72 Urinproben der in Manila getesteten Beamten enthielten dem einige Tage später veröffentlichten Ergebnis zufolge keinerlei illegale Substanzen.

          Mit der Rücktrittsaktion zeigt die Regierung des im vergangenen Jahr gewählten Präsidenten Ferdinand Marcos Jr., dass sie nach der blutigen Verfolgungskampagne des Vorgängers Rodrigo Duterte ein neues Kapitel in der Drogenpolitik aufschlagen will. Duterte war einst mit dem Versprechen angetreten, das Land von der Geißel der Sucht zu befreien. Die Polizei räumt selbst ein, dass im Verlauf ihrer Antidrogeneinsätze mehr als 6000 Menschen getötet worden seien. Menschenrechtler gehen sogar von 12.000 bis 30.000 Toten aus, die von Polizisten im Verlauf von Einsätzen, aber auch von vermummten Killerkommandos getötet worden seien.

          Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr. hat den Drogenkrieg zwar nicht offiziell beendet, will den Fokus aber mehr auf Intervention und Rehabilitation legen. Der Sohn des früheren Diktators Ferdinand Marcos, dessen Familienname mit einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht wird, will damit wohl auch sein Image verbessern.

          Zweifel an Vorgehen der Regierung

          Wie selbst Duterte einst eingeräumt hatte, haben gerade auch in der Polizei einige ihre Finger tief im Drogengeschäft. Bei aller Brutalität im Umgang mit Kleinkriminellen wurde dieses Problem aber nie wirklich angegangen. Die neue Initiative zeige „das totale Scheitern der früheren Regierung, das System wirklich zu säubern“, sagt der Politologe Richard Heydarian. Niemand rechnet allerdings damit, dass Polizisten, die in den Drogenhandel verwickelt sind, nun im großen Stil zur Verantwortung gezogen werden. „Die Rücktritte erwecken den Eindruck, dass die Regierung etwas tut, aber mehr nicht“, sagt Carlos Conde von Human Rights Watch der F.A.Z. Wenn die Regierung wirklich etwas gegen die Polizisten in der Hand habe, dann müsse sie diese in vollem Umfang rechtlich belangen.

          Der Chef der nationalen Polizei Rodolfo Azurin Jr. schätzt die Zahl der Führungskräfte, die in den Drogenhandel verwickelt sind, dabei lediglich auf etwa eine Handvoll. Innenminister Abalos hatte zuvor gleichwohl von einer „tiefgehenden Infektion“ der Polizeikräfte gesprochen. Auch im Zusammenhang mit dem Drogenkrieg kommen die meisten ungestraft davon. Nur in einem einzigen Fall wurden die beteiligten Beamten verurteilt. Der Internationale Strafgerichtshof hat gerade erst die Wiederaufnahme seiner Ermittlungen zu Dutertes Drogenkrieg angekündigt, da er nicht davon überzeugt ist, dass die Philippinen die mutmaßlichen Verbrechen selbst angemessen verfolgen.

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