Tschechische Republik : Gewählter Präsident Pavel telefoniert mit Präsidentin Taiwans
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Petr Pavel nach der Verkündigung seines Wahlsiegs Ende Januar in Prag Bild: Reuters
Es ist ein einmaliger Vorgang: Der gewählte tschechische Präsident Pavel hat mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen telefoniert und eine „Stärkung der Partnerschaft“ vereinbart. China sieht darin eine Provokation.
Der neu gewählte tschechische Präsident Petr Pavel will noch vor seiner Amtseinführung Anfang März außenpolitische Akzente setzen. So hat er nach seiner Wahl angekündigt, eine Reise nach Kiew zu unternehmen. Und am Montag nahm er einen Anruf von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in Empfang. Das Gespräch habe 15 Minuten gedauert, teilte die Regierung in Taipeh am Abend mit. Damit war Pavel der erste gewählte europäische Staatschef, der je mit Präsidentin Tsai telefoniert und dies öffentlich gemacht hat.
Da die Tschechische Republik Taiwan nicht als Staat anerkennt, ist es ein Bruch mit diplomatischen Konventionen. Pavel tritt damit in die Fußstapfen Donald Trumps, der sich im Dezember 2016 von Tsai anrufen ließ. Zu diesem Zeitpunkt war Trump wie Pavel zum Präsidenten gewählt, aber noch nicht ins Amt eingeführt worden. Er war damals der erste und ist bisher der einzige gewählte amerikanische Präsident, der seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Taipeh und Washington im Jahr 1979 direkt mit einem taiwanischen Staatschef gesprochen hat.
Amtsinhaber Zeman reist nach Serbien
Nichts könnte den Bruch Pavels mit dem scheidenden Amtsinhaber Miloš Zeman in außenpolitischen Fragen schärfer bezeichnen als das Telefonat und Pavels Reise nach Kiew. Zeman hatte in seiner zehnjährigen Amtszeit enge Beziehungen zu Russland und zu China gepflegt. Zu seinen außenpolitischen Beratern zählte zeitweise ein chinesischer Geschäftsmann mit Kontakten zur Führung in Peking. Was Russland betrifft, hatte Zeman Mutmaßungen über einen bevorstehenden Angriff auf die Ukraine als interessengesteuerte Lügen bezeichnet, bis er tatsächlich stattfand.
Am Montag unternahm der scheidende Präsident allerdings eine seiner selten gewordenen Reisen nach Serbien. Gemeinsam mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučič verurteilte er die russische Aggression und bekräftigte das Eintreten für die territoriale Integrität der Ukraine. Das schließe den Donbass und die Krim ein, sagte Vučič ausdrücklich und bat um Verständnis dafür, dass Serbien sich wegen seiner Situation nicht den Sanktionen gegen Russland anschließe. Zeman befand, dass Serbien sich „wegen seiner neutralen Position“ als möglicher Vermittler in dem Konflikt eigne.
Andere politische Akteure hatten sich bereits früher von Zeman emanzipiert, was China und Taiwan betrifft. 2021 wurde Taiwans Außenminister Joseph Wu in Prag empfangen, was in manch anderen EU-Staaten vermieden wird. Im Jahr darauf reiste der selbstbewusste Senatspräsident Miloš Vystrčíl nach Taipeh. Der seit 2021 regierende Ministerpräsident Petr Fiala fuhr insbesondere in der Taiwanpolitik einen entgegengesetzten Kurs zu Präsident Zeman, während Fialas Amtsvorgänger Andrej Babiš sich in Sachen Russland und China an seinem Unterstützer Zeman orientierte. Nun, da Pavel in der Präsidentenwahl gegen Babiš gewonnen hat, zeichnet sich ab, dass sich in Prag wieder ein größerer außenpolitischer Gleichklang zwischen Präsidialamt und Regierung einstellt.
„Stärkung der Partnerschaft“
Für Tsai ist das Telefonat mit Pavel ein beachtlicher Erfolg ihrer Bemühungen, Taiwan aus der internationalen Isolation zu führen, in die China den Inselstaat gedrängt hat. Vor allem in Mittel- und Osteuropa haben diese Bemühungen Früchte getragen. Seit der russischen Invasion in der Ukraine wächst dort der Unmut über die prorussische Haltung Pekings. Taiwan hat dies genutzt, um sich als Wertepartner anzubieten, der ebenfalls von einem autoritären Staat bedroht wird. Um dies zu unterstreichen, hat Taiwan Polen und die Tschechische Republik bei der Versorgung ukrainischer Flüchtlinge unterstützt. Während der Pandemie bemühte sich Taiwan mit Maskendiplomatie um eine Annäherung an Prag und Warschau. Auch dabei profitierte es vom dortigen Misstrauen gegenüber China. Am Montag teilten Tsai und Pavel mit, sie hätten eine „Stärkung der Partnerschaft“ vereinbart.
Bei seinen Avancen gegenüber Prag knüpft Taiwan an die Neunzigerjahre an. Damals führten der Antikommunismus und die Erfahrung der Demokratisierung beide Länder schon einmal zusammen. Präsident Václav Havel schickte seine Frau nach Taipeh. Die Frau des taiwanischen Präsidenten Chen Shui-bian erwiderte den Besuch. Damals vermied Havel noch den direkten Kontakt zu seinem Amtskollegen. Anders als nun offenbar Pavel.