Finanzskandal im Vatikan : Anlagetipps vom Papst
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Papst Franziskus während der Pressekonferenz an Bord des Flugzeugs auf seinem Rückflug von einer Reise nach Thailand und Japan am 26. November 2019. Bild: dpa
Franziskus geht mit dem Kapitalismus zumeist hart ins Gericht. Doch eine vatikanische Millioneninvestition in eine Londoner Immobilie verteidigte er jüngst.
Papst Franziskus predigt eine arme Kirche für die Armen und geht mit dem Kapitalismus so hart ins Gericht, dass ihm konservative Kritiker bisweilen vorhalten, er sei ein Kommunist oder zumindest ein Sozialdemokrat. Vor diesem Hintergrund war seine Antwort auf die Frage, wie er dazu stehe, dass der Vatikan im Herzen Londons für „Hunderte Millionen Euro“ eine Immobilie erworben habe, durchaus überraschend. Zumal für den Kauf auch Spendengeld, der sogenannte Peterspfennig, verwendet worden sein soll.
Denn Franziskus verdammte diese Investition, die im Zentrum des jüngsten Finanzskandals im Vatikan steht, nicht etwa rundheraus, sondern verteidigte sie. Eine gute Verwaltung, erklärte der Papst, lege die Einnahmen aus dem Peterspfennig nicht in die Schublade, sondern lege das Geld an. „Ich versuche eine Investition so zu tätigen, dass das Kapital nicht weniger wird, erhalten bleibt oder etwas wächst“. Eine „gute Investition“ gründe stets auf Sicherheit und Moral, so Franziskus. Er antwortete damit auf die Frage einer Journalistin des Fernsehsenders der katholischen Kirche Italiens am Dienstag während der Pressekonferenz auf dem Rückflug von Tokio nach Rom. Sie hatte darauf verwiesen, dass die Leute befremdet seien, wenn sie läsen, dass der Vatikan solche Geschäfte tätige. Zudem habe der Papst selbst oft gesagt, dass man mit Geld kein Geld verdienen dürfe.
Eine der wichtigsten Einnahmequellen
Franziskus ging darauf nicht direkt ein. Ebenso wenig äußerte er sich zur konkreten Verwendung des Peterspfennigs. Er ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des Vatikans, der keine Steuern erhebt und mehr als 4000 Angestellte bezahlen muss. Als „Peterspfennig“ wird die Kollekte bezeichnet, die anlässlich des Festes Peter und Paul am 29. Juni alljährlich in Gottesdiensten auf der ganzen Welt durchgeführt wird. Mittlerweile sind auch das ganze Jahr über online Spenden möglich. 2016, dem letzten Jahr, für das offizielle Angaben vorliegen, nahm der Vatikan durch den Peterspfennig 78 Millionen Dollar ein. Der Löwenanteil stammt traditionell aus den Vereinigten Staaten. Wie eine Anfrage der F.A.Z. bei allen 27 deutschen Bistümer ergab, überwiesen diese zuletzt zusammengerechnet jährlich jeweils einen Betrag zwischen ein und zwei Millionen Euro als Peterspfennig an die Apostolische Nuntiatur des Heiligen Stuhls in Berlin. Die Einnahmen aus der Kollekte selbst machen hiervon rund die Hälfte des überwiesenen Geldes aus, die andere Hälfte wird von den Bistümern dazugegeben.
Der Vatikan hatte bereits vor vier Jahren nach dem Bekanntwerden interner Dokumente zugeben müssen, dass der Peterspfennig nicht nur für wohltätige Zwecke des Papstes verwendet wird, sondern auch um Löcher im vatikanischen Haushalt zu stopfen. Er verwahrte sich allerdings gegen den Vorwurf, dass dies eine Zweckentfremdung darstelle und die Gläubigen sich darüber nicht im Klaren seien. Für das Jahr 2016 teilte er dann zum ersten und bislang einzigen Mal mit, dass nur 24 der insgesamt 78 Millionen Dollar, die der Peterspfennig in diesem Jahr eingebracht hatte, für wohltätige Zwecke des Papstes verwendet worden seien.
Eine „Geste der Brüderlichkeit“
Auf der Internetseite des Vatikans wird der Peterspfennig bis heute als „Geste der Brüderlichkeit“ beschrieben, mit der „jeder Gläubige sich an der Unterstützung des Papstes für die Armen und für kirchliche Gemeinden in Schwierigkeiten beteiligen kann“. Einige Hilfsprojekte werden vorgestellt, etwa für ein Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos oder ein Kinderkrankenhaus in der Zentralafrikanischen Republik; auf Verwendungen der Spenden für andere Zwecke wird auf der Internetseite nicht hingewiesen. Man könne den Peterspfennig nicht in Waffenfabriken investieren, dann wäre es nicht mehr der Peterspfennig, sagte Franziskus weiter. Aber man könne Eigentum erwerben und es dann vermieten oder verkaufen. Vorausgesetzt es handele sich um eine sichere Geldanlage, sagte der Papst.
Ob es sich bei der Londoner Immobilie, die der Vatikan erworben hat, um eine sichere Geldanlage handelt, ist derzeit noch nicht ausgemacht. Starke Zweifel bestehen in jedem Fall daran, dass hierbei alles rechtmäßig ablief. Es seien Sachen gemacht worden, „die nicht sauber zu sein scheinen“ sagte der Papst. Es gebe den Verdacht der Korruption. Die vatikanische Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen gegen insgesamt fünf Angestellte des Vatikans eingeleitet, unter ihnen der Direktor der Finanzaufsicht AIF, Tommaso Di Ruzza. In „weniger als einem Monat“ werde man mit den Vernehmungen beginnen, kündigte Franziskus an.