Reaktionen auf Papst-Brief : „Zu wenig, zu spät, zu allgemein“
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Papst Benedikt XVI. mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein 2007 in Castelgandolfo Bild: AP
Enttäuscht bis entrüstet: Das sind die meisten Reaktionen auf einen Brief Benedikts XVI., in dem er sich für Fehler im Umgang mit Missbrauchsopfern entschuldigt. Nur sein Privatsekretär springt ihm bei.
Erzbischof Georg Gänswein hat den emeritierten Papst Benedikt XVI. verteidigt. „Wer ihn kennt, weiß, dass der Vorwurf der Lüge absurd ist. Man muss zwischen einem Fehler und einer Lüge unterscheiden“, sagte der Privatsekretär von Benedikt XVI.der Zeitung „Corriere della Sera“ vom Mittwoch.
„Es gab diesen Fehler, und leider hat keiner von uns ihn bemerkt“, sagte Gänswein der Zeitung weiter. Zugleich betonte er, was Benedikt XVI. alles zum Thema Pädophilie gesagt und getan habe. Er sei der erste gewesen, der als Papst auf diesem Feld Transparenz angestrebt habe. Dennoch gebe es Menschen, die seine Person und sein Werk zerstören wollten, so Gänswein. Gewisse Leute hätten nie die Person, die Theologie und das Pontifikat Benedikts geliebt, so Gänswein weiter. Für die Kritiker sei nun „die ideale Gelegenheit, abzurechnen“ und das Andenken des Papstes zu verfluchen. „Leider lassen sich viele von diesem feigen Angriff täuschen, es gibt hier viel Dreck. Das ist eine traurige Sache“, schloss Gänswein.
Hintergrund ist ein vom ehemaligen Papst Benedikt XVI. am Dienstag veröffentlichter Brief zum Münchner Missbrauchsgutachten. Darin entschuldigte sich der emeritierte Papst bei den Betroffenen und drückte „tiefe Scham“ und „großen Schmerz“ aus. Gleichzeitig wehrt sich der frühere Papst gegen den Vorwurf, als Erzbischof von München (1977-1982) Missbrauchsfälle aktiv vertuscht zu haben.
„Er dachte an die Opfer von Missbrauch“
So erklären in einem gesonderten Schreiben die Rechtsberater Benedikts XVI., wie es zu dem vielzitierten Fehler in seiner im Gutachten enthaltenen 82 Seiten umfassenden Stellungnahme gekommen sei. Anders als in der Einlassung zu dem Ende Januar veröffentlichten Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zunächst behauptet, war Ratzinger bei einer wichtigen Ordinariatssitzung 1980 anwesend.
Benedikts Privatsekretär Gänswein sagte dazu nun, als Benedikt XVI. die jüngste Stellungnahme geschrieben habe, habe er „an die Opfer von Missbrauch“ gedacht. „Und er hatte vor sich, vor seinen Augen, Gott selbst. Ein Mensch kann andere Menschen betrügen, aber Gott kann man nicht betrügen.“
Essener Bischof: Entrüstete Rückmeldungen
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck kritisierte dagegen die Stellungnahme Benedikts. „Ich befürchte, dass die Erklärung den Betroffenen in ihrem Aufarbeitungsprozess wenig weiterhelfen kann“, sagte Overbeck der katholischen Zeitung „Neues Ruhrwort“. „Besorgt nehme ich wahr, dass Betroffene sexueller Gewalt in ihren Rückmeldungen an unseren Interventionsbeauftragten enttäuscht und teilweise auch entrüstet auf die Äußerungen des früheren Papstes zu seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising reagiert haben.“
Auch er habe „mit Interesse auf eine persönliche Erklärung des emeritierten Papstes Benedikt gewartet“. Nun sei es wichtig, „dass wir, die wir heute in der katholischen Kirche Verantwortung tragen, unmissverständlich zu dem schweren institutionellen Versagen stehen, das in der Kirche so viel Leid verursacht hat“.
Overbeck ist einer der wenigen deutschen Bischöfe, die sich bislang zu dem Papst-Brief positioniert haben. „Papst emeritus Benedikt hatte zugesagt, sich zu äußern. Nun hat er das eingelöst“, twitterte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, knapp. „Dafür bin ich dankbar und dafür gebührt ihm Respekt.“
Kritik von Betroffenen und ZdK
Auch Ratzingers Nachfolger im Amt des Münchner Erzbischofs, Kardinal Reinhard Marx, äußerte sich nur kurz. „Ich begrüße, dass sich mein Vor-Vorgänger im Amt des Erzbischofs von München und Freising, der emeritierte Papst Benedikt XVI., zu der Veröffentlichung des Gutachtens der Kanzlei WSW in einem persönlich gehaltenen Brief geäußert hat“, sagte er. Ratzinger bringe in seinem Brief seine „tiefe Scham“, seinen „großen Schmerz“ und seine „Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Missbrauchs zum Ausdruck“.