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Österreichs Energiekonzern OMV : Wer trieb den Konzern in Russlands Arme?

Umstrittene Russlandnähe: Eine Tankstelle des österreichischen Energiekonzerns OMV in Wien Bild: Reuters

Der frühere OMV-Chef Roiss sagt im ÖVP-Untersuchungsausschuss aus. Er wollte mehr auf Gas aus Norwegen setzen, wurde 2015 aber an der Spitze des österreichischen Energiekonzerns abgelöst.

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          Eine Szene aus dem Jahr 2014 ist unvergessen. Damals hatte Österreich Wladimir Putin in Wien den roten Teppich ausgerollt, kein Vierteljahr nach der völkerrechtswidrigen Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland. Während die politische Führung, damals noch in einer sozialdemokratisch geführten großen Koalition von SPÖ und ÖVP, vom Offenhalten von Gesprächskanälen sprach, wurden lukrative Verträge unterzeichnet, unter anderen zwischen den Energiekonzernen OMV und Gazprom. Das gipfelte darin, dass Putin dem damaligen Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl ob seiner langen Amtszeit unter dem Gelächter der Gastgeber zurufen konnte, das sei eine „Diktatur – aber gute Diktatur“.

          Stephan Löwenstein
          Politischer Korrespondent mit Sitz in Wien.

          Diese im Nachhinein auch von einigen Beteiligten als peinlich empfundenen Szenen markieren eine Zeit, in der die OMV zunehmend auf Russland hin ausgerichtet wurde. Am Dienstag war dies Thema im ÖVP-Untersuchungsausschuss. Angehört wurde der frühere OMV-Chef Gerhard Roiss. Dieser hatte sich sozusagen als Zeuge der Anklage angeboten, indem er in Interviews angedeutet hatte, dass die OMV gegen seine eigenen Bedenken in diese Richtung gedrängt worden sei. Roiss war seit 2011 Generaldirektor des Konzerns, an dem der Staat zu einem Drittel beteiligt ist. Nachdem 2014 aber der Automobilunternehmer Siegfried Wolf Aufsichtsratschef der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖIAG wurde, wurde Roiss mitgeteilt, dass man getrennte Wege gehen wolle. Sein Nachfolger wurde der Deutsche Rainer Seele, vormals Chef von Wintershall.

          Roiss sagte nun aus, unter Wolf sei ihm erklärt worden, dass seine OMV-Strategie nicht mehr passend sei. Er habe stark auf Gas aus Norwegen gesetzt. Ein zweites Drittel sollte aus Rumänien kommen, eine dritte Säule sollte Gas aus österreichischen Vorkommen und Russland sein. Das Projekt „Nabucco“, das Gas aus Aserbaidschan nach Europa bringen sollte, sei gescheitert. Gegen seinen Willen sei über eine Beteiligung an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 verhandelt worden und ohne sein Wissen auch darüber, norwegische Gasfelder gegen eine Beteiligung in Russland zu tauschen. Dieser geplante „Swap“ sei von der norwegischen Regierung 2018 „glücklicherweise gestoppt“ worden, sonst würde die Abhängigkeit von russischem Gas heute bei 90 oder 95 Prozent statt 80 Prozent liegen, sagte Roiss am Dienstag.

          Die liberale Oppositionspartei Neos hatte sich von den Befragungen Einsichten darüber erhofft, ob es sich bei der Bindung an Russland nur um „Kurzsichtigkeit und Inkompetenz“ handelte oder ob sich Politiker dadurch Vorteile erhofft hätten. Die Grünen, die heute Koalitionspartner der ÖVP sind, kritisierten, „Altkanzler Kurz und sein Machtzirkel“ hätten Österreich mit der Russland-Politik in eine „gefährliche Situation“ manövriert. Freilich, ein kuscheliges Verhältnis zu Putin hatte Wien – wie die Szene von 2014 zeigt – durchaus auch schon früher gesucht. Weitere Fragen wert ist allerdings die Rolle von Wolf, der bereits im Automobilsektor groß im Russland-Geschäft war und der andererseits während der „türkisen“ Zeit von Kurz in den Genuss fragwürdiger Steuer-Deals gekommen ist, für die sich auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft interessiert.

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