Nach Mord an einem Mädchen : Österreich debattiert über Abschiebungen nach Afghanistan
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Sebastian Kurz am Dienstag in Wien Bild: dpa
Zwei Asylbewerber aus Afghanistan in Wien werden verdächtigt, ein 13 Jahre altes Mädchen ermordet zu haben. Die Grünen fordern, Abschiebungen nach Kabul auszusetzen. Kanzler Kurz macht klar: Mit ihm wird es das nicht geben.
In der österreichischen Regierungskoalition der konservativen ÖVP mit den Grünen hat sich eine Debatte über Asylgewährung und Abschiebung entsponnen. Auslöser war der Mord an einem 13 Jahre jungen Mädchen. Dieses wurde am vergangenen Wochenende erwürgt aufgefunden, als Tatverdächtige wurden zwei afghanische Asylbewerber festgenommen. Erst kürzlich hatte sich die grüne Justizministerin Alma Zadic dafür ausgesprochen, angesichts der Entwicklung in Afghanistan zu prüfen, ob Abschiebungen dorthin ausgesetzt werden. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekräftigte angesichts des Tötungsdelikts in Wien am Mittwoch: „Mit mir wird es definitiv keinen Abschiebestopp nach Afghanistan und keine Aufweichung der Asylgesetze geben.“
Die beiden Verdächtigen sind nach Angaben der Polizei 16 und 18 Jahre alt. Der Körper des Mädchens war in einem Grünstreifen in der Nähe der Wohnung des Älteren in Wien-Donaustadt abgelegt worden – unter welchen Umständen und ob sie da noch lebte, ist unklar. Allerdings bestreite der ältere der beiden jungen Männer, etwas mit der Tötung des Mädchens zu tun zu haben.
„Nicht zur Tagesordnung übergehen“
Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl sagte, das aus einer niederösterreichischen Kleinstadt stammende Mädchen habe die beiden Verdächtigen gekannt und habe sie freiwillig in die Wohnung begleitet. Dort seien ihr Drogen – vermutlich Ecstasy – verabreicht worden. Es hätten „Straftaten gegen die sexuelle Integrität“ des Mädchens stattgefunden. Der 18 Jahre alte Afghane – Medien berichteten über angebliche Zweifel, ob er nicht älter sei – befinde sich seit 2015 in Österreich und sei schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen: Suchtgifthandel, gefährliche Drohung und Raufhandel heißen die Delikte, wegen derer er dreimal zu Haftstrafen verurteilt wurde. Sein Asylantrag war abgelehnt worden, ein Abschiebebescheid soll vorgelegen haben.
Kurz sagte, nach „solchen barbarischen Verbrechen“ könne man „nicht zur Tagesordnung übergehen“. Er verspreche, alles dafür zu tun, dass die Täter hart bestraft würden. „Ich halte es für untragbar, dass Menschen zu uns kommen, Schutz suchen und solche grausamen, barbarischen Verbrechen begehen“, sagte Kurz. Auch die Grünen zeigten sich angesichts des „grausamen Mordes“ schockiert, wiesen aber darauf hin, dass die näheren Umstände noch ungeklärt seien. Die Grünen-Frauensprecherin Meri Disoski ordnete die mutmaßliche Mordtat allerdings nicht in den Zusammenhang mit straffälligen Asylbewerbern ein, sondern als einen Fall von „Männergewalt“.
Sozialdemokraten fordern „null Toleranz“
Die rechte Oppositionspartei FPÖ forderte eine Abschiebeoffensive nach Afghanistan und Syrien. Der neue Parteivorsitzende und frühere Innenminister Herbert Kickl forderte zudem, Asylanträge auf österreichischem Boden nicht zuzulassen. Wenn ein Flüchtling straffällig geworden sei, sei ein laufendes Asylverfahren abzubrechen beziehungsweise der Asylstatus abzuerkennen und eine „Außerlandesbringung“ vorzunehmen.
Die Sozialdemokraten bemängelten, dass Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) straffällige Asylbewerber „frei herumlaufen“ lasse, da müsse „null Toleranz gelten“. Justizministerin Zadic hatte sich vergangene Woche kritisch über Rückführungen afghanischer Asylbewerber geäußert. Sie forderte eine Evaluierung und die Berücksichtigung der entsprechenden Stellungnahmen des Flüchtlingshochkommissariats UNHCR.
Zu einer lebhaften Debatte in Medien und Onlineforen führten nun Reporterfragen, ob in Österreich genügend für kriegstraumatisierte Flüchtlinge getan werde. Medien wiesen darauf hin, dass der ältere der Tatverdächtigen in einer Wiener Gemeindewohnung gelebt und seit 2015 Sozialhilfe bezogen habe, auch nachdem er wegen seiner Straftaten den Status als subsidiär Schutzberechtigter verloren habe.