Nordkorea testet Rakete : Was will Kim uns sagen?
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Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un im April während einer Militärparade in Pjöngjang Bild: AP
Auf den ersten Blick ist die nächste nordkoreanische Rakete ein weiterer Schritt der Eskalation. Doch womöglich ist die Botschaft aus Pjöngjang eine andere. Und subtiler. Ein Kommentar.
Wenn der nordkoreanische Staatssender etwas verkündet, ist das selten die Wahrheit. Trotzdem tut man gut daran, die Botschaft aus Pjöngjang ernst zu nehmen. Die Frage ist allerdings, was Staatsführer Kim Jong-un der Welt sagen will, wenn er behauptet, „am Ziel“ zu sein und Nordkorea zu einer vollwertigen Atommacht gemacht zu haben. Die erste Lehre aus dieser Botschaft ist, dass Nordkorea Gesprächspartner nach Strich und Faden betrügt und belügt.
Denn ganz am Anfang der Krise standen einst Versicherungen, Nordkorea wolle Atomkraft nur friedlich nutzen. Alle weiteren Verhandlungen und Abkommen hat Pjöngjang ge- und benutzt, um sein Atomarsenal zu entwickeln. Verträge mit diesem Land sind also in aller Regel das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben werden.
Die zweite Botschaft aus Pjöngjang könnte einen positiveren Inhalt haben. Jemand, der wirklich „am Ziel“ ist, hat es möglicherweise nicht mehr nötig, ständig andere zu provozieren. Der kann sich, theoretisch, sogar erlauben, über einen vernünftigen Ausweg aus der Krise zu verhandeln – ernsthaft.
Deshalb sollten die Vereinigten Staaten, China und alle anderen Akteure zumindest prüfen, ob die nordkoreanische Interkontinentalrakete womöglich eine Art Gesprächsangebot transportiert hat. Aber selbst wenn es so sein sollte, heißt das leider nicht, dass dabei auch etwas herauskommen kann. Denn Kim Jong-un versteht unter „Verhandlungen“ die durch Erpressung erzielte Erfüllung seiner Forderungen, die wiederum auf das Überleben seiner Familiendiktatur beschränkt sind.
Da der Rest der Welt bisher nicht bereit war, Nordkorea als Atommacht zu akzeptieren, und weil nicht abzusehen ist, dass sich daran bald etwas ändern könnte, bleibt die Frage, was Kim Jong-un von seinem Schreckensarsenal wirklich hat. Als Abschreckung gegen einen Angriff sind Atomwaffen natürlich geeignet. Wenn sie aber nicht Gegenstand von Verhandlungen sein dürfen, wie Nordkorea nicht müde wird zu betonen, verlieren sie an Wert.
Dass Nordkorea einen nuklearen Ersteinsatz wagen würde, glaubt so gut wie niemand. Damit würde sich das Regime sein Grab schaufeln. Welchen Anreiz hätte, rein machtpolitisch betrachtet, also der Rest der Welt, mit einem Regime ein Abkommen zu schließen, das niemandem außerhalb der engsten Führung traut?