Nord- und Südkorea : Kim Jong-un: „Jetzt beginnt ein Zeitalter des Friedens“
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Es ist ein historischer Moment: Erstmals nach dem Korea-Krieg betritt ein nordkoreanischer Machthaber südkoreanischen Boden. Gleich zu Beginn des Gipfels zwischen Kim Jong-un und Südkoreas Präsident Moon kommt es zu einer Überraschung.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hat am Freitag als erster Führer des kommunistischen Staats die Grenze nach Südkorea überschritten. Um 9.30 Uhr überquerte ein lächelnder Kim die Demarkationslinie im Waffenstillstandsort Panmunjom. Südkoreas Präsident Moon Jae-in empfing ihn direkt an der Grenzlinie. Die beiden tauschten einen langen Händedruck und scheinbar freundliche Worte. Moon betrat dann auf Einladung Kims kurzzeitig auch nordkoreanischen Boden.
Zum Auftakt des dritten Gipfeltreffens zwischen beiden koreanischen Staaten nahmen Moon und Kim danach eine militärische Ehrengarde ab. Schwer atmend trug Kim sich im Gästebuch des Haus des Friedens südlich der Grenzlinie ein. „Jetzt beginnt eine neue Ära“, schrieb Kim in einem Gästebucheintrag: „ein Zeitalter des Friedens“. Moon äußerte die Hoffnung, dass es noch am Freitag zu einer Vereinbarung kommen werde, die die Friedenshoffnungen der Menschen erfülle. Danach begannen die Beratungen.
In einem Begrüßungsgespräch vor laufenden Kameras sagte Kim, er erwarte offene Diskussionen und hoffe auf gute Ergebnisse. Die koreanischen Staaten sollten den Weg in die Zukunft gemeinsam gehen. Moon erklärte, der Frühling auf der Halbinsel sei angekommen. Er dankte Kim für seine mutige und kraftvolle Entscheidung zum Gipfeltreffen und schlug vor, dass beide über den Frieden auf der Halbinsel sprechen sollten.
In ungewöhnlicher Weise berichteten nordkoreanische Medien schon am Freitag von der Reise Kims nach Panmunjom zu dem Gipfeltreffen mit Moon. Kim wolle offenherzig mit Moon Jae-in über verbesserte innerkoreanische Beziehungen und über Frieden, Wohlstand und die Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel sprechen, hieß es in einem Bericht der Nachrichtenagentur KCNA. Von Denuklearisierung war nicht die Rede.
In Südkorea findet das Treffen die ungeteilte Aufmerksamkeit der Medien. Schon die Fahrt Moons nach Panmunjom wurde live im Fernsehen übertragen. In den Straßen von Seoul bejubelten einige hundert Menschen die Abfahrt von Moon und schwenkten die Einheitsfahne, die blau auf weiß die Umrisse der koreanischen Halbinsel zeigt.
Für Moon war die Anreise kurz, die Hauptstadt Seoul liegt knapp 60 Kilometer von dem Ort entfernt, an dem 1953 der Waffenstillstand den Koreakrieg beendete. Kim kam aus Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang angereist und legte 170 Kilometer zurück.
Panmunjom – der „furchterregendsten Ort der Erde“
Das Grenzdorf Panmunjom hat der frühere amerikanische Präsident Bill Clinton einmal als den „furchterregendsten Ort der Erde“ beschrieben. Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker sprach vom „letzten Bollwerk des Kalten Kriegs“: Stacheldraht, Elektrozäune und Gräben umgeben das Gemeinsame Sicherheitsareal (JSA), das inmitten der Demilitarisierten Zone (DMZ) liegt. Es ist der einzige Ort, an dem sich Soldaten Nordkoreas sowie Südkoreas und der Vereinigten Staaten nur wenige Meter voneinander entfernt von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.
Auf südkoreanischer Seite der JSA hat das von den Amerikanern angeführte UN-Kommando (UNC) das Sagen. Südkorea wurde während des Korea-Kriegs von 1950 bis 1953 von UN-Truppen unterstützt. In Panmunjom wurde 1953 auch das immer noch gültige Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Daher wird Panmunjom auch als „Waffenstillstandsdorf“ bezeichnet.
Der vier Kilometer breite Streifen der Demilitarisierten Zone ist eine der am strengsten bewachten, am stärksten verminten und „heißesten“ Grenzen der Welt. Über rund 240 Kilometer wurde diese militärische Pufferzone zum Ende des Korea-Krieges quer durch die Halbinsel entlang des 38. Breitengrades geschaffen und bildet heute die de-facto-Grenze. Mehrere Hunderttausend verfeindeter Soldaten stehen sich entlang der Grenze gegenüber.
Völkerrechtlich befinden sich beide koreanische Staaten seit dem Ende ihres Bruderkriegs vor 65 Jahren noch im Kriegszustand. Einen Friedensvertrag hat es nie gegeben. (dpa)