Jubiläum in Nordkorea : Massenspiele für den Kommunismus
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Im Gleichschritt für Kim Jong-un: Nordkoreanische Soldatinnen marschieren am Sonntag durch die Hauptstadt Pjöngjang. Bild: AFP
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un lässt bei der Jubiläumsfeier zur Staatsgründung keine Interkontinentalraketen auffahren. Ein Bekenntnis zur Abrüstung ist das aber noch lange nicht.
Kim Jong-un hat es nicht getan. Nordkoreas Machthaber hat darauf verzichtet, die Vereinigten Staaten am Sonntagmorgen mit einer Machtdemonstration zu provozieren. Für Nordkorea-Experten war das die entscheidende Frage vor der Militärparade zum 70. Jahrestag der Staatsgründung gewesen: Würde Kim Jong-un wie zuletzt im Februar seine Interkontinentalraketen herzeigen? Oder Kriegsgerät, das Teil des Atomprogramms ist?
Ein Auffahren von Interkontinentalraketen hätte die ohnehin festgefahrenen Verhandlungen über eine nukleare Abrüstung Nordkoreas wohl längerfristig belastet. Es wäre ein persönlicher Affront gegenüber Donald Trump gewesen, der erst vor drei Tagen auf Twitter geschrieben hatte: „Nordkoreas Kim Jong-un verkündet ‚festes Vertrauen in Präsident Trump‘. Danke, Vorsitzender Kim. Wir werden es gemeinsam erledigen.“ Zudem hätte Kim sich so der Gelegenheit beraubt, beim bevorstehenden Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in am 18. September in Pjöngjang als Staatsmann und nationaler Versöhner aufzutreten.
Ende der Isolation
Zwar ließen Tausende Soldaten im Stechschritt und allerhand Kriegsgerät keinen Zweifel an der zentralen Rolle des Militärs. Doch der Fokus lag am Sonntag merklich auf dem wirtschaftlichen Aufbau des Landes. Deutlich mehr Zivilisten als Soldaten nahmen an der Parade teil, begleitet von Themenwagen zur innerkoreanischen Versöhnung oder mit der Aufschrift: „Alle Kräfte für den wirtschaftlichen Aufbau.“ Die Wagen waren geschmückt mit Bildern von Windanlagen, Solarpanelen, Staudämmen und einem Schnellzug. In einer Rede auf dem Paradeplatz rief das nominelle Staatsoberhaupt Kim Yong-nam den aufmarschierten Soldaten zu, sie müssten nicht nur bereit sein, einen Krieg zu führen, sondern auch, einen wirtschaftlichen Kampf zu gewinnen, in dem sie Brücken und Straßen bauten. Er sagte aber auch: Nordkorea sei nun eine Militärmacht, die sich selbst verteidigen könne. Nach Abrüstung klang das nicht.
Machthaber Kim Jong-un nahm die Parade ab, hielt aber keine Rede. Anders als bei der vorigen Militärparade im Februar zum siebzigsten Jahrestag der Armeegründung konnte Kim sich diesmal auf dem Balkon über dem Kim-Il-sung-Platz mit namhaften Gästen präsentieren. Die Botschaft: Nordkorea ist nicht mehr isoliert. Der wichtigste Gast war der Chinese Li Zhanshu, immerhin die Nummer drei der Pekinger Parteihierarchie und Gesandter von Parteichef Xi Jinping. Noch lieber hätte Kim wohl Xi persönlich begrüßt, doch der kam einer entsprechenden Einladung nach Pjöngjang nicht nach. Mutmaßlich wollte er vermeiden, Donald Trump neue Nahrung für seine Anschuldigung zu geben, China sei schuld daran, dass die Verhandlungen über eine nukleare Abrüstung Nordkoreas nicht vorankommen. Bilder von Xi Jinping mit Kim Jong-un vor vorbeifahrenden Artilleriegeschützen wären wohl nicht im Sinne Pekings gewesen.
Keine Live-Berichterstattung
Umgekehrt ließ Nordkorea China spüren, dass es durchaus noch andere Freunde habe. Die Titelseite der Jubiläumsausgabe der Staatszeitung „Rodong Sinmun“ zierte am Sonntag jedenfalls nicht Li Zhanshu, sondern die Vorsitzende des russischen Oberhauses, Valentina Matwijenko. Der Besuch Li Zhanshus wurde erst auf Seite vier verkündet. Das Foto zum Text zeigt Li nicht mit Kim Jong-un, sondern mit dem nominellen Staatsoberhaupt Kim Yong-nam.
Staaten wie Syrien, Iran, Kuba und Venezuela, mit denen Pjöngjang in der Vergangenheit militärische Kooperationen pflegte, entsandten Regierungsdelegationen nach Pjöngjang. Die Nachrichtenagentur KCNA listete noch Dutzende weitere Länder auf, die aber rangniedrige Vertreter schickten. Schweden, das die Vereinigten Staaten in Nordkorea konsularisch vertritt, entsandte laut KCNA einen Parlamentarier. Aus Dutzenden Ländern reisten Freundschaftsgesellschaften an, zum Teil finanziert von Pjöngjang. Gesichtet wurde auch der Schauspieler Gérard Depardieu.