Vor der Wahl in Nicaragua : Ortegas Herausforderin unter Hausarrest
- -Aktualisiert am
Die nicaraguanische Oppositionspolitikerin Cristiana Chamorro Mitte Mai 2021 in Managua Bild: AP
Nicaraguas Machthaber Daniel Ortega lässt Proteste niederschlagen und geißelt seine Widersacher. So wie jetzt Cristiana Chamorro. Sie will Präsidentin werden – und wurde ihm dadurch wohl zu gefährlich.
Daniel Ortega will den Schein der Demokratie aufrechterhalten. Sein Kampf gegen politische Gegner gleicht jedoch dem eines Diktators. Mit neuen Gesetzen geißelt Nicaraguas Präsident seine Widersacher. Auf der Straße lässt er Proteste gegen sein Regime gewaltsam niedergeschlagen. Schon jetzt ist klar, dass die Präsidenten- und Parlamentswahl im November weder frei noch fair ablaufen wird.
Seit Mittwoch bestehen daran noch weniger Zweifel. In einer undurchsichtigen Aktion hat das die Oppositionspolitikerin Cristiana Chamorro unter Hausarrest gestellt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Geldwäsche und andere Delikte vor. Laut dem Bruder der Politikerin, dem Journalisten und Verleger Carlos Chamorro, hat die Polizei auch das Haus der als Herausforderin von Ortega gehandelten Politikerin durchsucht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde ihr die Ausübung von öffentlichen Ämtern untersagt, Dadurch ist sie von der Wahl im November ausgeschlossen.
Opposition spricht von Diktatur
Nur Stunden vor ihrer Festsetzung hatte die 67 Jahre alte Chamorro ihre Kandidatur für das Präsidentenamt bekanntgegeben. Sie ist die Tochter der früheren Präsidentin Violeta Barrios de Chamorro, die Nicaragua von 1990 bis 1997 regierte. Die Familie genießt weiterhin in Nicaragua ein hohes Ansehen und ist als Inhaberin einer großen Tageszeitung und anderer Medien zu einem Sprachrohr der Opposition geworden.
Die Parteilose Chamorro galt als aussichtsreiche Anwärterin für das Präsidentenamt, weil sich hinter ihr ein breites Oppositionsbündnis gegen Ortega hätte zusammenschließen können. In einer jüngsten Umfrage erzielte sie 21 Prozent der Stimmen. Das macht sie zur Gefahr für den seit 2007 ununterbrochen amtierenden Ortega, der bei der Wahl im November eine weitere Amtszeit anstrebt.
Die Aktion gegen Chamorro hat aber eine Welle der Kritik ausgelöst. Juristen sprechen davon, dass die Staatsanwaltschaft ihre Kompetenzen überschritten habe und es sich um eine Verurteilung ohne Prozess handele. Der Jurist und frühere Abgeordnete José Pallais sagte, es handle sich um einen „völlig politisierten Fall“, der einzig zum Ziel habe, die stärkste Kandidatin der Opposition auszuschalten. Kritik kommt auch aus Washington. Der willkürliche Ausschluss von Oppositionsführerin Chamorro spiegle „Ortegas Angst vor freien und fairen Wahlen“, schrieb der amerikanische Außenminister Antony Blinken auf Twitter.
Der frühere Revolutionsführer Ortega kehrte 2007 mit seiner „Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront“ (FSLN) an die Macht zurück. Seither hat seine Regierung immer autoritärere Züge angenommen. 2018 ließ Ortega Proteste gegen seine Regierung gewaltsam niederschlagen. Rund 300 Personen kamen ums Leben, Tausende wurden willkürlich festgenommen. Mit neuen Gesetzen hat das Regime die Drohkulisse gegen die Opposition ausgebaut und sich Möglichkeiten geschaffen, um jederzeit gegen seine Gegner vorzugehen. Die Opposition in Nicaragua spricht von einer systematischen Strategie, um die Diktatur zu festigen.