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„Gulf Cup“ : Ein Fußballturnier soll dem Irak neues Leben einhauchen

Ein Hauch von WM: Die neue Fußball-Arena in Basra Bild: AP

Den „Gulf Cup“ auszurichten beschert dem Irak neue Hoffnung. Aber Kritiker warnen, über dem Fußballturnier nicht die Probleme der Gegenwart zu vergessen.

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          Feuerwerk und Folklore, große Gesten und Gastgeberstolz – auch wenn es weit weniger bombastisch zuging: Die Bilder aus dem südirakischen Basra, wo am Freitagabend der „Gulf Cup“ eröffnet wurde, erinnerten ein wenig an die Fußball-Weltmeisterschaft in Qatar. Sogar FIFA-Chef Gianni Infantino war angereist. Der irakische Ministerpräsident Muhammad Shia al-Sudani sprach von einem „historischen“ Moment und einer Demonstration der „Brüderlichkeit“ unter den arabischen Golfanrainern.

          Christoph Ehrhardt
          Korrespondent für die arabischen Länder mit Sitz in Beirut.

          Es ist das erste Mal seit 1979, dass der Irak wieder Austragungsort des Turniers ist. Lange Zeit hatten es die Zustände in dem Land nicht einmal zugelassen, dass die Nationalmannschaft ihre Heimspiele in der Heimat bestreitet. Da war die Invasion der Amerikaner, die 2003 den Gewaltherrscher Saddam Hussein stürzte. Es folgte eine Zeit von Machtkämpfen, Bürgerkrieg und Bombenterror und einem langen Abnutzungskrieg, um den „Islamischen Staat“ wieder von der Landkarte zu tilgen.

          Lob für die neuen Stadien

          Ein Fußballturnier, auch nur ein regionales, ist eine große Sache für ein Land, in dem der Ausnahmezustand lange Normalität war. Und der „Gulf Cup“ setzt einen Trend fort: Die ganze Region wurde im November durch die WM von einem stolzen arabischen Gemeinschaftsgefühl erfasst. Jetzt wird im Irak die verbindende Kraft des Sports beschworen. Hier soll der „Gulf Cup“ einen Moment der Hoffnung und des Aufbruchs in eine bessere Zeit markieren. Der Gouverneur von Basra, Asaad al-Eidani, sieht einen „Schritt nach vorn“ für den Irak auf dem Weg, „eine normale Position“ im Sport oder der Kultur einzunehmen.

          Und auch viele Einwohner des vernachlässigten und heruntergekommenen Basra, dessen müllstarrenden Straßen und stinkenden Wasserläufen Infrastrukturprojekte oder staatliche Dienstleistungen fremd sind, freuen sich darüber, dass die Stadt für die Großveranstaltung, so gut es ging, herausgeputzt wurde. Ahmad Omar, ein Fußballer, der für die StudentenNationalmannschaft spielt, sieht im Überschwang schon größere Turniere am Horizont, lobt die neuen Stadien und die neuen Fünf-Sterne-Hotels. „Wir sind bereit“, verkündet er.

          Hassan Nakeel, ein Sportjournalist, sagt: „Das Turnier hat dem irakischen Sport und Basra wieder Leben eingehaucht.“ Endlich hätten seine Heimatstadt und ihre Einwohner die Gelegenheit, sich von ihrer gastfreundlichen und großzügigen Seite zu zeigen.

          Das Bild Basras war lange durch Schlagzeilen bestimmt, die sich um Gewalt und Rechtlosigkeit drehten. Zuletzt mehrten sich Berichte über den Drogenschmuggel. Basra, für die Netzwerke günstig gelegen, ist zu einem Drehkreuz für den regionalen Rauschgifthandel geworden. Darin verwickelte Stammesnetzwerke werden von mächtigen Milizen geschützt und von korrupten Regierungsmitarbeitern gedeckt. Heerscharen arbeitsloser junger Iraker sind ein guter heimischer Drogenmarkt.

          Beschwerden über Schwarzmarkhandel mit Eintrittskarten

          Und dass die Zukunft besser wird, ist ebenso ungewiss, wie der innerirakische Frieden. Noch im September wurde Basra von Gefechten zwischen rivalisierenden schiitischen Milizen erschüttert. Hintergrund ist ein Machtkampf in Bagdad, der zwischenzeitlich das Gespenst eines neuen Bürgerkrieges umgehen ließ. Erst im Oktober wurde eine etwa ein Jahr andauernde politische Blockade gelöst. Regierungschef Sudani und seine Mannschaft haben wie alle anderen Regierungen zuvor versprochen, die grassierende und tief verwurzelte Korruption zu bekämpfen. Aber der neuen Führung schlägt eine gehörige Portion Skepsis entgegen.

          Dass Basra noch sehr, sehr lange nicht Doha ist, zeigte sich denn auch bei einem Handgemenge im VIP-Bereich des Stadions während der Eröffnungsfeier oder durch Fan-Beschwerden über blühenden Schwarzmarkthandel mit den begehrten Eintrittskarten. Kritiker warnen, der schöne Schein des Fußballturniers dürfe nicht den Blick auf die irakischen Missstände verstellen.

          Man hätte das Geld besser in Dinge wie die Stromversorgung investiert oder um Lösungen für die Slumbewohner zu finden. In Basra hat man ihnen eine symbolträchtige Steilvorlage gegeben: Dort wurden illegale Elendssiedlungen den Blicken der Besucher einfach mit Sichtschutzwänden verborgen.

          Die irakische Nationalmannschaft trug ihren Teil dazu bei, die Begeisterung nicht zu groß werden zu lassen. Sie spielte gegen Oman. Es gab ein 0:0.

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