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Gewalt in Israel : Netanjahus radikale Partner bestimmen

  • -Aktualisiert am

Netanjahu und sein Sicherheitsminister Ben-Gvir am Attentatsort Bild: dpa

Palästinensischer Terror ist durch nichts zu rechtfertigen. Aber auch Israels neue Regierung trägt zur Eskalation bei. Aus ideologischer Verblendung höhlt sie sogar das staatliche Gewaltmonopol aus.

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          Die Organisationen, die von sich behaupten, das palästinensische Volk zu repräsentieren, schaffen es immer wieder, sich und ihre vermeintliche Sache vor aller Welt ins Unrecht zu setzen. Der Anschlag bei einer Synagoge am Freitag mit vielen Toten ist durch nichts zu rechtfertigen. Das Attentat anschließend zu feiern, ist obszön. Sogar die gegenüber Israel notorisch kritischen Vereinten Nationen haben die Tat eindeutig verurteilt. Das müsste den Palästinensern eigentlich zu denken geben.

          Das heißt nicht, dass die neue Regierung Israels nicht auch zu kritisieren wäre. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu präsentiert sich als starker Politiker, der gleichzeitig besonnen agiert. Seine Mahnung an die Israelis, nicht zu Selbstjustiz zu greifen, sondern der Regierung die Reaktion auf den Anschlag vom Freitag und weitere Attentate zu überlassen, passte in dieses Bild noch hinein.

          In der Praxis aber zeigt sich, dass Netanjahu zwar die Regierung führt, dass aber seine radikalen Koalitionspartner die Tagesordnung bestimmen. Die von der Regierung angekündigte Bestrafung von Angehörigen von Terrorunterstützern dehnt das unbestreitbare Recht auf Selbstverteidigung allzu weit aus.

          Selbstjustiz wird erleichtert

          Zutiefst bedenklich ist außerdem, dass die Regierung das Gewaltmonopol des Staates auszuhöhlen beginnt. Wie anders soll man verstehen, dass es als Reaktion auf von Palästinensern ausgehende Gewalt israelischen Privatpersonen erleichtert werden soll, Waffen zu erwerben?! Das erleichtert genau jene Selbstjustiz, vor der Netanjahu noch gewarnt hatte. Aber auch hier konnte sich der Regierungschef nicht durchsetzen. Wohin gerade eine derart „liberale“ Waffenpolitik führen kann, ist in den USA seit langem zu besichtigen.

          Es besteht die Gefahr, dass die israelische Regierung aus ideologischer Verblendung einiger ihrer Mitglieder ihr Land in eine Richtung führt, die nicht nur die äußere Sicherheit, sondern auch die Demokratie gefährdet. Das sollte gerade Israels Freunden Sorge bereiten.

          Peter Sturm
          Redakteur in der Politik, zuständig für „Politische Bücher“.

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