Nach Nervengift-Anschlag : Julia Skripal will laut ihrer Cousine um Asyl bitten
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Viktoria Skripal, Cousine der in Großbritannien vergifteten Tochter des ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal Anfang April bei der Aufzeichnung einer Fernsehsendung in Moskau Bild: Reuters
Die Tochter des ehemaligen Doppelagenten Skripal hat das Krankenhaus gerade erst verlassen. Sie werde politisches Asyl beantragen, sagt ihre Cousine Viktoria. Doch die spielt in dem diplomatisch heiklen Fall eine undurchsichtige Rolle.
Die bei einem Attentat in Großbritannien vergiftete Tochter des ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal will nach Darstellung ihrer Cousine um Asyl ansuchen. „Sie wird bald eine Pressekonferenz geben, bei der sie um politisches Asyl bitten wird“, sagte Viktoria Skripal der russischen Agentur Interfax am Dienstag. Ob Julia Skripal in Großbritannien oder in einem anderem Land Asyl beantragen werde, sei ihr nicht bekannt.
Zum derzeitigen Aufenthaltsort von Julia Skripal konnte die in Moskau lebende Cousine dem Bericht zufolge keine Angaben machen. „Niemand hat sie gesehen, niemand weiß irgendetwas“, sagte sie. Julia Skripal wurde in Großbritannien nach rund einem Monat aus dem Krankenhaus entlassen und laut Medienberichten an einen sicheren Ort in gebracht.
Die 33 Jahre alte Frau war am 4. März gemeinsam mit ihrem Vater, dem früheren russischen Doppelagenten Sergej Skripal, bewusstlos auf einer Parkbank in Salisbury gefunden worden. Nach britischen Angaben wurden beide mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet, der während des Kalten Krieges in der Sowjetunion entwickelt worden war.
Opfer einer Fischvergiftung?
London bezichtigt Russland, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Moskau wies dies vehement zurück. Der Fall löste eine schwere diplomatische Krise aus, die zu Ausweisungen zahlreicher Diplomaten führte.
Die Cousine spielt in dem Fall eine sehr undurchsichtige Rolle. Laut eines BBC-Berichts befürchtet die britische Regierung, dass Viktoria Skripal vom Kreml instrumentalisiert wird. Sie gab russischen und britischen Medien Interviews, in denen sie die Angaben Großbritanniens zum Anschlag anzweifelte.
Viktoria Skripal behauptete unter anderem, dass ihre Verwandten Opfer einer Fischvergiftung geworden seien. Das russische Staatsfernsehen veröffentlichte einen Mitschnitt eines angeblichen Telefonats zwischen ihr und Julia Skripal. Die Echtheit des Mitschnitts ist nicht geklärt.
Julia Skripal hatte sich am vergangenen Donnerstag erstmals seit dem Attentat in einer Mitteilung öffentlich zu Wort gemeldet und von Fortschritten bei der Genesung berichtet. Auch ihrem 66 Jahre alten Vater gehe es inzwischen deutlich besser. Toxikologen halten aber Spätfolgen wie etwa Organschäden für nicht ausgeschlossen.
Sergej Skripal, der sich mittlerweile nicht mehr in Lebensgefahr befindet, hat früher für den russischen Militärgeheimdienst GRU gearbeitet und dem britischen Auslandsgeheimdienst MI6 Informationen weitergeleitet. 2004 flog er auf. Er wurde in Russland zu 13 Jahren Lagerhaft verurteilt.
Im Rahmen eines Gefangenenaustauschs kam Skripal 2010 nach Großbritannien, wo er seitdem in Salisbury lebte. Julia Skripal lebt eigentlich in Russland. Sie soll die Hilfe der russischen Botschaft abgelehnt haben.