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Neapel : Sonderkommissar soll Müll-Notstand beenden

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Demonstranten zündeten in Pianura bei Neapel einen Bus an

Demonstranten zündeten in Pianura bei Neapel einen Bus an Bild: dpa

Nach stundenlangen Beratungen hat Italiens Ministerpräsident Prodi scharfe Maßnahmen angekündigt, um dem Müllproblem in Kampanien zu begegnen. Der frühere Chef der Staatspolizei Di Gennaro soll Vollmachten eines Sonderkommissars erhalten.

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          Mit scharfen Maßnahmen personeller, militärischer und administrativer Art will die italienische Regierung den Müllbergen von Neapel und Umgebung begegnen. Das hat Ministerpräsident Prodi am Dienstag in Rom nach stundenlangen Beratungen in einer Sondersitzung des Kabinetts angekündigt. Demnach sollen die von der Regierung schon 2007 „als unmittelbar benutzbar ausgewiesenen Mülldeponien benutzt werden“; weitere sollen „von den zuständigen Behörden ausgemacht werden“.

          Außerdem beschloss die Regierung, einen Plan für die Trennung von Normalabfall und Sondermüll auszuarbeiten. Den Gemeinden werden 60 Tage gegeben, die neuen Verordnungen zu befolgen. In jenen Gemeinden, die keinen Plan zur Mülltrennung vorlegen, soll ein Kommissar den Bürgermeister ersetzen.

          Lage „von außerordentlicher Not und Dringlichkeit“

          Für 120 Tage werden die Vollmachten eines Sonderkommissars der Regierung für den Müll-Notstand in Kampanien dem ehemaligen Chef der Staatspolizei Di Gennaro übertragen. In diesem Amt wechselten in den vorigen Jahren mehrere Verantwortliche. Der 59 Jahre alte Präfekt Di Gennaro hat sich besonders bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens Verdienste erworben.

          Mit dem Bus wurde die Straße blockiert
          Mit dem Bus wurde die Straße blockiert : Bild: AP

          Um die mehr als 110.000 Tonnen Müll wegzuräumen, die seit Wochen in den Vororten von Neapel und in anderen Städten Kampaniens entlang der Straßen liegen, sollen auch Einheiten des Heeres mit geeignetem schweren Gerät eingesetzt werden. Entscheidend für diese Regierung sei gewesen, so Prodi, dass die Lage in Neapel „von außerordentlicher Not und Dringlichkeit“ sei.

          Weiterhin wurde in der Ministersitzung der Bau von drei Müllverbrennungsanlagen in Acerra, Santa Maria La Fossa und Salerno, und von weiteren Müll-Trennanlagen in Kampanien entschieden oder bestätigt. Die Europa-Ministerin Bonino teilte mit, dass man sich am 28. Januar in Brüssel mit dem Müll-Notstand beschäftigen werde. Die Europäische Kommission hatte ein Verfahren gegen Italien wegen Verstoßes gegen Umweltregeln eingeleitet. Politiker der Rechtsopposition forderten, dass der Gouverneur von Kampanien, Bassolino, und Umweltminister Pecoraro Scanio von ihren Ämtern zurücktreten müssten.

          Mit Tränengas gegen Demonstranten

          Im Vorort Pianura war es in der Nacht zum Dienstag wieder zu Krawallen mit der Polizei gekommen. An der Zufahrt zu einer alten Mülldeponie setzten Demonstranten einen Bus in Flammen und bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen. Die Beamten setzten Tränengas und Schlagstöcke ein.

          In Pianura kam es in den vergangenen Tagen immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern und Sicherheitskräften. Die Bewohner errichteten aus Müll, Metall und Altreifen Barrikaden, um den Zugang zur lange geschlossenen Müllkippe zu blockieren. Sie befürchten eine Wiedereröffnung der Deponie und davon ausgehende Gesundheitsgefahren.

          Am Montag hatten Soldaten mit Bulldozern im Großraum Neapel zum Teil das Abfallräumen übernommen. Heeres-Pioniere begannen vor Morgengrauen damit, den sich türmenden Müll in den Straßen beiseite zu schaffen. Schwerpunkt waren Gebiete um Schulen, wo nach den Weihnachtsferien wieder der Unterricht aufgenommen wurde.

          Die Müllkrise im Großraum Neapel dauert schon etwa 14 Jahre. Die bestehenden Müllkippen sind überfüllt, betroffene Gemeinden blockieren aber den Bau neuer. Mitglieder des organisierten Verbrechens unterwanderten nach Angaben der Behörden die Stadtreinigung. Außerdem soll eine chaotische Bürokratie für die Krise mitverantwortlich sein.

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