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NATO und EU beraten : Jetzt geht es um „präzedenzlose“ Sanktionen

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Brüssel. Bild: AP

In Brüssel kommt am Morgen der Nordatlantikrat zusammen, später treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU. Es soll dann um Strafmaßnahmen gehen, wie Russland sie noch nicht erlebt hat.

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          Die Spitzen von NATO und EU haben den russischen Angriff auf die Ukraine am frühen Donnerstagmorgen verurteilt und Moskau mit Konsequenzen gedroht. Der Nordatlantikrat, das ständige Entscheidungsgremium der Allianz, will um 8.30 Uhr zu einer Sondersitzung zusammentreten. Die Allianz wird dann über weitere Verstärkungen an ihrer östlichen Flanke beraten, nachdem sie schon in den vergangenen Tagen Truppen verlegt hatte. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union kommen dann am Abend um 20 Uhr zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammen.

          Thomas Gutschker
          Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

          Es wird erwartet, dass sie dann jene „präzedenzlosen“ Sanktionen gegen Russland verhängen, die in den vergangenen Wochen vorbereitet worden sind. Deren Ziel besteht darin, Russland vom internationalen Finanzmarkt abzuschneiden und den Export von Spitzentechnologie zu verbieten. Auch die russische Führung und Oligarchen, die Präsident Wladimir Putin unterstützen, müssen sich auf weitere Sanktionen einstellen. Das betrifft auch das Regime in Belarus, von dessen Boden aus russische Panzer über die Grenze in die Ukraine vordrangen.

          „Ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein dunkler Tag für Europa“

          Der amerikanische Präsident Joe Biden kündigte eine „gemeinsame und entschiedene Reaktion auf die ungerechtfertigte Attacke des russischen Militärs“ an. „Präsident Putin hat sich für einen vorsätzlichen Krieg entschieden, der katastrophale menschliche Verluste und menschliches Leid bringen wird“, erklärte er. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem „eklatanten Bruch des Völkerrechts“. Der russische Angriff sei „durch nichts zu rechtfertigen“, erklärte er in Berlin. „Dies ist ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein dunkler Tag für Europa.“ Biden und Scholz telefonierten mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, um in ihrer Solidarität zu versichern.

          NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach in einer Erklärung von einem „rücksichtslosen und unprovozierten Angriff auf die Ukraine, der zahllose zivile Leben in Gefahr bringt“. Russland habe den Pfad der Aggression gegen ein souveränes und unabhängiges Land gewählt. „Dies ist ein gravierender Bruch des Völkerrechts und eine ernste Bedrohung der euro-atlantischen Sicherheit“. Die NATO-Mitglieder würden über die Konsequenzen beraten und „alles tun, um alle Verbündeten zu schützen und zu verteidigen“.

          Die Allianz war auf die Entwicklung vorbereitet. Am Mittwochabend hatte das amerikanische Verteidigungsministerium die Verbündeten vor einer unmittelbar bevorstehenden Invasion Russlands in der Ukraine gewarnt. Demnach hatten achtzig Prozent der mehr als 160.000 Soldaten, die Russland an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hatte, Angriffspositionen eingenommen und waren bereit, jederzeit loszuschlagen.

          Sanktionspaket unter anderem gegen 351 Duma-Abgeordnete

          „Wir verurteilen Russlands nicht gerechtfertigten Angriff auf die Ukraine“, schrieben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel in gleichlautenden Botschaften auf Twitter. „In diesen dunklen Stunden sind unsere Gedanken mit der Ukraine und den unschuldigen Frauen, Männern und Kindern, während sie diesen unprovozierten Angriff erleiden und um ihre Leben bangen.“ Sie fügten hinzu: „Wir werden den Kreml dafür zur Verantwortung ziehen.“

          EU-Ratspräsident Charles Michel hatte schon am Mittwoch die Staats- und Regierungschefs zu einem Sonderrat an diesem Donnerstag um 20 Uhr nach Brüssel einberufen, um über weitere Schritte gegenüber Russland und Unterstützung für die Ukraine zu entscheiden.

          Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat „sofortige Sanktionen“ gegen Moskau gefordert. Er brauche zudem Verteidigungshilfe sowie finanzielle Unterstützung, schrieb Selenskyj nach Telefonaten unter anderem mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag auf Twitter.

          Am Mittwoch vergalt die EU die russische Anerkennung der Separatisten im Donbass mit einem ersten Sanktionspaket. Es belegt 351 Duma-Abgeordnete, die Putin zu dem Schritt aufgefordert hatten, mit Einreise- und Vermögenssperren. Außerdem richtet es sich gegen ranghohe Vertreter des russischen Regimes, unter ihnen Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Putins Stabschef Anton Vaino, Margarita Simonyan, die Chefin des Propagandasenders RT und Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums. Außerdem wurden Geschäfte mit einigen Banken und Unternehmen sowie der gesamte Handel mit russischen Staatsanleihen verboten.

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