NATO-Russland-Rat : Stoltenberg: Russland sollte sich mit uns an einen Tisch setzen
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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg spricht in Brüssel. Bild: Stephanie Lecocq/AFP
Das Verhältnis zu Russland habe „einen Tiefpunkt erreicht, wie wir ihn seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr kennen“, sagt der NATO-Generalsekretär. Nach mehr als anderthalb Jahren müsse der NATO-Russland-Rat wieder tagen.
Eine Woche vor dem NATO-Gipfel in Brüssel hat Generalsekretär Jens Stoltenberg Russland zu einem Treffen aufgerufen. „Ich möchte Russland erneut einladen, möglichst bald an einem Treffen des NATO-Russland-Rats teilzunehmen“, sagte Stoltenberg der Zeitung Die Welt. „Wir haben viel zu besprechen, das im gemeinsamen Interesse von NATO und Russland liegt.“ Die NATO habe die russische Regierung bereits vor über einem Jahr zu einem neuen Treffen eingeladen, darauf habe es aber keine positive Antwort gegeben. „Der Ball liegt jetzt bei Russland.“
Der NATO-Russland-Rat war 2002 gegründet worden, um Moskau in die Arbeit der transatlantischen Militärallianz einzubinden und Vertrauen zwischen den einstigen Gegnern zu bilden. Auf Botschafterebene soll er eigentlich einmal im Monat tagen. Wegen des Ukrainekonflikts wurde der Dialog allerdings zwischen Juni 2014 und April 2016 komplett ausgesetzt. Danach folgten nur noch in unregelmäßigem Abstand Treffen.
Russland will nicht über Ukraine reden
Bemühungen um die Wiederaufnahme von Gesprächen im NATO-Russland-Rat waren zuletzt mehrfach gescheitert. Als ein Grund gilt, dass Russland in dem Format nicht mehr über den Ukraine-Konflikt reden will, was vor allem östliche NATO-Staaten nicht akzeptieren wollen.
Stoltenberg sagte der Zeitung, der NATO-Russland-Rat habe seit 19 Monaten nicht mehr getagt. Konkrete Themen gebe es einige: „Dazu gehören beispielsweise der gegenseitige Austausch über Militärmanöver, um Missverständnissen und einer möglichen Eskalation vorzubeugen.“ Ein weiteres Thema sei „ausreichende Transparenz“ über die militärischen Aktivitäten der jeweils anderen Seite, um unbeabsichtigte Unfälle in der Luft und auf See zu vermeiden.
Stoltenberg: Beziehungen auf Tiefpunkt
„Die Beziehungen zwischen der NATO und Russland haben mittlerweile einen Tiefpunkt erreicht, wie wir ihn seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr kennen“, sagte Stoltenberg. „Dialog ist der beste Weg, um Spannungen anzusprechen.“ Dafür sei der NATO-Russland-Rat das geeignete Format. „Beide Seiten sitzen am selben Tisch.“
Stoltenberg trifft an diesem Montag den amerikanischen Präsident Joe Biden im Weißen Haus. Dabei soll es unter anderem um das Gipfeltreffen der NATO in einer Woche in Brüssel gehen, an dem Biden während seiner ersten Auslandsreise als Präsident teilnimmt. Das Verteidigungsbündnis hatte in den vergangenen Jahren auf eine Mischung aus verstärkter Abschreckung und Dialog gesetzt, um Russland zu einem politischen Kurswechsel zu bewegen. Greifbare Ergebnisse brachte dies aber bislang nicht.