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Streit um NATO-Beitritt : Erdogan verlangt von Schweden weiteres Entgegenkommen

Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson lächelt am Dienstag in Ankara die Differenzen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdogan weg. Bild: Reuters

Der schwedische Ministerpräsident Kristersson wirbt in Ankara für den NATO-Beitritt seines Landes. Doch der türkische Präsident Erdogan sieht noch nicht alle Bedingungen erfüllt.

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          Nach einem Gespräch mit dem neuen schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson hat sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit Blick auf den NATO-Beitritt Schwedens zurückhaltend geäußert. Zwar freue er sich, dass Stockholm das Memorandum umsetzen wolle, auf das sich die Türkei mit Schweden und Finnland kurz vor dem NATO-Gipfel Ende Juni geeinigt hatte, um Bedenken Ankaras Rechnung zu tragen. Er erwarte nun aber, dass dies auch geschehe, sagte Erdogan in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstagabend in Ankara. „Wir wollen ein Schweden sehen, das uns dabei unterstützt, unsere Sicherheitssorgen zu verringern.“

          Rainer Hermann
          Redakteur in der Politik.
          Matthias Wyssuwa
          Politischer Korrespondent in Berlin.

          Wichtig sei das Verhalten Schwedens. Er würdigte zwar erste positive Schritte, forderte aber auch die Auslieferung von Bülent Kenes, einem führenden Mitglied der Gülen-Bewegung, die in der Türkei FETÖ-Terrororganisation genannt wird. Erstmals gestand Erdogan auch öffentlich einen Zusammenhang der Blockade des NATO-Beitritts von Schweden und Finnland mit den Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei im Juni 2023 ein. Er müsse Rücksicht auf die Gefühle der Wähler nehmen.

          Schweden und Finnland haben nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ihre Sicherheitspolitik angepasst und die Mitgliedschaft in der NATO beantragt. Die Türkei blockiert den Beitritt bislang und wirft beiden die Unterstützung von Terroristen und Terrororganisationen vor. „Unsere Botschaft ist klar“, sagte Kristersson, „Schweden weiß, dass die Türkei einen blutigen Kampf gegen die PKK-Terroristen geführt hat.“

          Stockholms Distanzierung von YPG kommt gut an

          Kristersson versprach, dass Schweden allen Verpflichtungen aus dem Memorandum nachkommen werde. „Wir können enger zusammenarbeiten“, äußerte er. „Gemeinsam können wir mehr tun, um unsere Länder und Regionen sicherer zu machen.“ Man verstehe mit Blick auf den Kampf gegen den Terrorismus, welche Verantwortung man als neues NATO-Mitglied gegenüber den Alliierten wie der Türkei trage, um deren Sicherheit zu mehren. Kristersson ist seit Mitte Oktober im Amt, seine bürgerliche Regierung wird von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten gestützt.

          Die türkischen Medien nahmen die Ankündigungen der schwedischen Regierung, die Unterstützung für die YPG und deren politischen Arm PYD einzustellen, positiv auf. Kurz vor der Reise von Kristersson nach Ankara hatte sich der neue schwedische Außenminister Tobias Billström von den kurdischen Gruppen distanziert. Es gebe eine zu enge Verbindung zwischen diesen Organisationen und der PKK, als dass dies für die Beziehungen zwischen Schweden und der Türkei zuträglich sein könne, hatte er in einem Interview gesagt. Die PKK wird von der EU als terroristische Organisation gelistet. Bereits im Memorandum hatten Schweden und Finnland zugesagt, die YPG und die PYD nicht weiter zu unterstützen.

          Ein Kommentator der Zeitung „Milliyet“ schrieb am Dienstag, die Türkei werde sich drei Monate Zeit lassen, um das neue schwedische Antiterrorgesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, zu bewerten. Das Parlament in Ankara werde sich nicht vor dem zweiten Quartal 2023 mit der Ratifizierung des schwedischen Beitrittsgesuchs befassen. Das passt zu Erdogans Hinweis auf die Wahlen. Der türkische Präsident äußerte auf der Pressekonferenz, man wolle beim nächsten Treffen mehr positive Signale sehen. Ende November sollen sich Vertreter aus Schweden, Finnland und der Türkei in Stockholm wieder treffen.

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