Nahost-Konflikt : Tausende Palästinenser auf der Flucht, Dutzende getötet
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Tausende Palästinenser fliehen aus ihrer Heimat. Bild: AFP
Die Zahl der Toten und Verletzten in Gaza steigt weiter, tausende Palästinenser sind auf der Flucht. Israelische Soldaten gerieten bei der Offensive unter starken Beschuss, 13 wurden getötet. Eine von der Hamas gemeldete Entführung dementierte Israel.
Im Gazastreifen sind am bisher verlustreichsten Tag seit Beginn der israelischen Militäroffensive am Sonntag mehr als 60 Menschen getötet und mehrere hundert verletzt worden. Andere Quellen sprechen von mindestens 97 Toten. Israelische Bodentruppen suchten seit dem frühen Sonntagmorgen nach Raketenwerfern und nach Tunnels. Dabei gerieten die Soldaten unter starken Beschuss.

Politischer Korrespondent für die Iberische Halbinsel und den Maghreb mit Sitz in Madrid.
Am späten Abend meldete der bewaffnete Arm der Hamas, die Organisation habe einen israelischen Soldaten mit dem Namen Schaul Aaron in ihre Gewalt gebracht. „Diese Gerüchte sind unwahr“, sagte Israels UN-Botschafter Ron Prosor später am Rande einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Es befinde sich kein israelischer Soldat in der Gewalt der Hamas.
Die Einwohner, die die Armee zuvor aufgefordert hatte, ihre Häuser zu verlassen, flohen zu Tausenden aus dem Viertel. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einer genau geplanten und zielgerichteten Militäraktion, die palästinensische Autonomiebehörde hielt Israel „Kriegsverbrechen“ vor.
Nach Angaben von Menschenrechtlern in Gaza stieg die Zahl der Toten seit Beginn der Militäroffensive auf fast 400; mehr als 2500 Menschen wurden verletzt. Andere Quellen sprachen von mehr als 400 Toten und 3000 Verletzten. Die israelische Armee unterbrach am Sonntag aus humanitären Gründen mehrfach die Kampfhandlungen und errichtete am Grenzübergang Erez ein Feldlazarett. In den vergangenen 24 Stunden wurden nach Armeeangaben 13 israelische Soldaten getötet. Am Samstagmorgen hatten Hamas-Kämpfer, die durch einen Tunnel nach Israel gelangt waren, zwei Soldaten getötet. Der Raketenbeschuss aus Gaza dauerte am Sonntag an.
Ungeachtet der zahlreichen Toten auf beiden Seiten kündigte Netanjahu eine Ausweitung der Bodenoffensive an. „Wir werden nicht aufhören, bis alle Ziele erreicht sind“, sagte Netanjahu am Sonntag in Tel Aviv. Die radikal-islamische Hamas sei selbst für die vielen Toten unter den Zivilisten verantwortlich. „Israel hat diesen Kampf nicht selbst gewählt, er ist uns aufgezwungen worden“, sagte der Regierungschef. Das Vorgehen gegen die Tunnels und Raketen der Hamas sei lebensnotwendig für die Sicherheit der Bürger Israels. Es könnten noch „schwere Tage“ bevorstehen, sagte Netanjahu.
Kritik an Israel
Der amerikanische Außenminister John Kerry kündigte in einem Interview mit dem Sender CNN an, dass er bald in den Nahen Osten reisen werde, um bei einer „fairen“ Feuerpause zu helfen. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und der französische Außenminister Laurent Fabius hatten sich am Wochenende vergeblich um eine Waffenruhe bemüht. Ban sprach in Tel Aviv mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und reiste von dort aus an den Golf, wo sich auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas aufhält. Abbas wollte in Qatar den Vorsitzenden des Politbüros der Hamas, Khaled Meschal, treffen. Nach dem Scheitern einer ägyptischen Initiative arbeiten Qatar und die Türkei an einem Vorschlag, der stärker auf die Wünsche der Hamas eingeht.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verstärkte am Wochenende noch einmal seine Kritik an Israel. Die Israelis verfluchten Adolf Hitler für den Holocaust, „aber jetzt hat der terroristische Staat Israel mit seinen Greueltaten in Gaza Hitler übertroffen“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Anadolu. In mehreren europäischen Städten kam es am Wochenende zu Demonstrationen. In Paris protestierten mehrere tausend Menschen trotz eines Verbots gegen die israelische Militäroffensive. Dabei kam es zu Ausschreitungen.