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Syrien : „Waffen an die guten Jungs liefern“

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Der ehemalige saudische Geheimdienstchef Prinz Turki al Faisal Bild: Gyarmaty, Jens

Der saudische Prinz Turki al Faisal Al Saud spricht über den Bürgerkrieg in Syrien und die Unterstützung der Opposition: Der einzige Weg, den Konflikt zu beenden, sei „militärische Chancengleichheit“.

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          Königliche Hoheit, sollte der Westen mehr tun, um die syrische Opposition zu unterstützen?

          Die ganze Welt sollte mehr tun, um die syrische Opposition zu unterstützen. Und diese braucht nicht viel. Der Westen, die Vereinigten Staaten und einige europäische Länder haben zugesagt, zum Beispiel Kommunikationsausrüstung zu liefern. Ich glaube aber, dass es einen Bedarf an militärischer Hilfe gibt - also an Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrwaffen und Waffen gegen Artillerie. Das ist der einzige Weg, um militärische Chancengleichheit zu erreichen, und so würde am Ende auch die Verhandlungsbereitschaft des Regimes größer werden.

          Sie haben schon vor zwei Jahren gesagt, dass Präsident Assad bleiben wird, bis der letzte Syrer tot ist. Glauben Sie wirklich, dass er verhandeln wird?

          Wenn militärische Chancengleichheit hergestellt wird, dann entsteht eine neue Dynamik. Dann werden auch Leute aus seinem Lager beginnen zu überlegen, ob er überlebensfähig und tragbar ist oder nicht. Wenn sie langsam zu dem Schluss kommen, dass er es nicht ist, wird etwas passieren, das ihn zu Fall bringt. Dann wird er irrelevant.

          Waffenlieferungen sind also ein Muss? Hilfe - etwa bei der Aufklärung - wird nicht reichen?

          Wie schießt man ein Flugzeug ab? Es reicht doch nicht, zu wissen, dass es gerade über dich hinwegfliegt. Es reicht auch nicht zu wissen, dass ein Panzer aus dieser oder jener Richtung heranrollt. Man braucht die Waffen, um sie zu zerstören.

          Saudi-Arabien war das erste Land, das Waffenlieferungen für die Opposition angekündigt hat. In welchem Ausmaß ist das geschehen?

          Ich kenne die Details nicht, weil ich nicht Teil der Regierung bin, aber ich bin sicher, dass es Unterstützung gibt.

          Wir sehen in Syrien die Radikalisierung gewisser Gruppen, es scheinen Rebellenkommandeure zu Warlords zu werden. Wie kann man Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet politisch steuern?

          Zuerst einmal muss man feststellen, dass es soweit gekommen ist, weil es sich so lange hingezogen hat. Wir wären nicht mit Extremismus und sogenanntem Warlordismus konfrontiert, wenn der Aufstand in sechs Monaten beendet gewesen wäre. Aber es gibt doch auch Reporter, die mutmaßliche Extremisten oder Kommandeure der Freien Syrischen Armee treffen. Wenn es denen gelingt, mit solchen Leuten Kontakt aufzunehmen und sie zu identifizieren, dann nehme ich mal an, dass Geheimdienste auch in der Lage sind, herauszufinden, wer in der Opposition die guten Jungs und die bösen Jungs sind. Und man liefert die Waffen an die guten Jungs. Außerdem ist es technisch möglich, solche Waffen aus der Entfernung mit elektronischen Mitteln unbrauchbar zu machen, wenn sie in falsche Hände geraten - seien es Panzerabwehrwaffen oder Luftabwehrwaffen. Also besteht keine Gefahr. Waffenhersteller haben Möglichkeiten, solche Waffen im Zweifel unschädlich zu machen.

          Welche Folgen hätte eine israelische Intervention im Süden Syriens mit dem Ziel, die chemischen Waffen zu sichern?

          Das hätte desaströse Folgen. Die ganze Welt hat deutlich gemacht, dass der Einsatz chemischer Waffen inakzeptabel ist. Auch China und Russland haben das getan - sie haben aber damit zugleich indirekt ihr Einverständnis dafür gegeben, dass Assad alle anderen Waffen benutzen darf, um Syrer zu töten. Und das ist inakzeptabel, meinen Sie nicht?

          Den Israelis würde es doch vor allem darum gehen, dass solche Waffen nicht in die falschen Hände gelangen. Wäre ein unilateraler israelischer Militäreinsatz trotzdem inakzeptabel?

          Das betrifft nicht nur Israel. Niemand hat das Recht, einfach militärisch einzugreifen. Ich glaube, sowohl die Führung in Damaskus als auch die guten Jungs in der syrischen Opposition sind sich der Konsequenzen bewusst, die es hätte, sollten solche Waffen in die falschen Hände gelangen. Und sie werden die nötigen Maßnahmen ergreifen, um das zu verhindern.

          Mit Turki al Faisal sprach Christoph Ehrhardt.

          Im Außendienst

          Einen wichtigen Posten in der Regierung bekleidet Prinz Turki al Faisal Al Saud zur Zeit nicht. Aber er war von 1977 bis 2001 Chef des wichtigsten saudischen Auslandsgeheimdienstes, der maßgeblich an der Bewaffnung der afghanischen Mudschahedin gegen die Sowjetunion beteiligt war. Später war der 1945 geborene Bruder des derzeitigen Außenministers Saud al Faisal und Neffe des saudischen Königs Abdullah Botschafter in London und Washington. Derzeit steht Turki al Faisal an der Spitze des „King Faisal Center for Research and Islamic Studies“. Immer wieder setzt sich der eloquente saudische Prinz im Ausland für das Ansehen des Königreichs ein, wie zuletzt auf Einladung der Deutsch-Arabischen Freundschafsgesellschaft in Berlin.

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