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Syrien-Einsatz : Obama will offenbar mehr Ziele in Syrien angreifen

  • Aktualisiert am

Demonstration gegen Militärschlag in Syrien in Washington Bild: AFP

Syrische Kommandeure sollen nach einem Bericht vom syrischen Präsidenten Assad mehrfach vergeblich verlangt haben, Giftgas gegen die Aufständischen einzusetzen. Das Weiße Haus soll derweil seine Angriffspläne erweitert haben.

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          Kommandeure der syrischen  Regierungstruppen haben dem syrischen Präsidenten Assad offenbar schon  vor Monaten zum Einsatz von Chemiewaffen gedrängt. Dieser habe derlei Angriffe aber „stets abgelehnt“ und wahrscheinlich auch den Giftgaseinsatz vom 21. August nicht persönlich genehmigt. Das hat die Zeitung „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise berichtet. Die Zeitung berief sich dabei auf Funkgespräche, die von dem vor der Küste Syriens kreuzenden deutschen Spionageschiff „Oker“ abgefangen  worden seien. Demnach forderten syrische Divisions- und  Brigadekommandeure seit rund vier Monaten immer wieder vergeblich  im Präsidentenpalast den Einsatz von Chemiewaffen an.

          Damaskus wird der Einsatz von Giftgas gegen die eigene Bevölkerung am 21. August mit mehr als 1400 Toten angelastet. Deswegen diskutiert der Westen derzeit über eine Militärintervention.

          Streit um UN-Chemiewaffeninspektoren in Damaskus: Ihr Bericht soll nach Meinung vieler (europäischer) Staaten vor einem Militärschlag abgewartet werden.
          Streit um UN-Chemiewaffeninspektoren in Damaskus: Ihr Bericht soll nach Meinung vieler (europäischer) Staaten vor einem Militärschlag abgewartet werden. : Bild: AP

          Der Bundesnachrichtendienst (BND) nimmt laut „BamS“ an, dass sich Assad auch unabhängig von einem Militärschlag noch lange halten wird. Das könne „noch Jahre dauern“, habe BND-Präsident Gerhard Schindler jüngst vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages unter Bezug auf den Bürgerkrieg gesagt, berichtete die Zeitung weiter. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, berichtete den  Ausschuss-Mitgliedern demnach zudem von einer dramatischen  Machtverschiebung unter den Aufständischen, die zunehmend von Al Qaida beeinflusst würden.

          Erweiterte Liste von Zielen angefordert

          Die „Los Angeles Times“ berichtete am Sonntag unter Berufung auf  zwei amerikanische Regierungsvertreter, dass das Weiße Haus das Pentagon um eine erweiterte Liste mit Zielen für den Syrien-Einsatz gebeten  habe. Es sollten „viele weitere“ zu den bisher vorgesehenen 50 Zielen aufgenommen werden, hieß es. Ziel sei es, zusätzliche  Feuerkraft zu mobilisieren, um den verstreuten Truppen Assads  Schaden zuzufügen.

          Geplant ist demnach, Luftwaffen-Bomber, fünf im Mittelmeer  stationierte Zerstörer sowie außerhalb der syrischen Flugabwehr  abgefeuerte Marschflugkörper und Luft-Boden-Raketen einzusetzen.  Zudem könne auch der Schiffsverband um den Flugzeugträger „Nimitz“ im Roten Meer Marschflugkörper abfeuern. Nach jedem Einsatz werde es eine Auswertung geben, welche Ziele verfehlt worden seien, sowie  gegebenenfalls weitere Angriffe und „das alles binnen 72 Stunden“,  sagte ein amerikanischer Vertreter.

          SPD kritisiert Merkels „Zickzackkurs“

          Die EU-Außenminister hatten sich am Samstag in Vilnius nicht für einen Militärschlag ausgesprochen, aber eine  „klare und starke Antwort“ auf den Giftgaseinsatz gefordert. Deutschland kündigte daraufhin an, die Erklärung des G-20-Gipfels zu Syrien nachträglich zu unterzeichnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte aber in der „Bild am Sonntag“ ihre Ablehnung eines Militärschlags. Die SPD warf Merkel darum einen Zickzack-Kurs vor. Die späte Zustimmung Deutschlands zu einer Syrien-Erklärung von elf G20-Ländern sei „ein Totalausfall der deutschen Außenpolitik“, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Wochenende.

          Mitglieder der Koalition wiesen dies zurück. Eine zu frühe Zustimmung zu der von Amerika vorangetriebenen Erklärung hätte eine gemeinsame Haltung der EU gefährdet, auf die sich die EU-Außenminister am Samstag in Vilnius schließlich einigten. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte am Sonntag in Hamburg, er sehe auf absehbare Zeit keine Lösung des Syrien-Konflikts. „Ich kann mir im Augenblick keine Aktion vorstellen, die das Leid in Syrien innerhalb kurzer Zeit abstellt“, sagte Steinbrück.

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          Verhandlungen mit der Arabischen Liga am Sonntagabend in Paris: der amerikanische Außenminister John Kerry und der saudi-arabische Außenminister Saud al Faisal : Bild: AFP

          Nach Angaben Kerrys liegt die Zahl der Unterstützer eines Einsatzes dennoch mittlerweile im „zweistelligen Bereich“. Es gebe mehr Interessenten für eine Beteiligung am Militäreinsatz, als nach jetziger Planung gebraucht würden. Präsident Obama will am Montag in mehreren Interviews mit großen TV-Sendern für einen Syrien-Einsatz werben. Am Dienstag ist eine Rede an die Nation geplant. Dem TV-Sender CNN nach zeigte die Regierung Mitgliedern des Geheimdienstausschusses des Senats Videos von Giftgasopfern. Darin sind Kinderleichen, Helfer bei Wiederbelebungsversuchen und andere drastische Szenen zu sehen. Der Sender stellte bei der Verbreitung der Bilder allerdings klar, dass deren Authentizität nicht eindeutig zu klären sei.

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