Strafgerichtshof in Den Haag : Abbas will Israel wegen Kriegsverbrechen anklagen lassen
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Der palästinensische Präsident Abbas unterzeichnet in Ramallah das Beitrittsstatut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Bild: dpa
Mit ihrer Forderung nach einem eigenen Staat sind die Palästinenser im UN-Sicherheitsrat gescheitert. Nun sucht Präsident Abbas die politische Konfrontation mit Israel und tritt dem Internationalen Strafgerichtshof bei.
Nachdem die Palästinenser ein weiteres Mal vor dem UN-Sicherheitsrat mit ihren Bemühungen um einen eigenen Staat gescheitert sind, sind sie dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag beigetreten.
Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas ratifizierte am Mittwoch mit seiner Unterschrift als Voraussetzung dafür das Statut von Rom und unterzeichnete weitere 19 internationale Abkommen. „Wir werden jeden Tag auf unserem Land angegriffen. Der Sicherheitsrat hat uns im Stich gelassen“, sagte Abbas in einer im Fernsehen übertragenen Unterzeichnungszeremonie. in Ramallah.
Die palästinensische Führung will Israel wegen Kriegsverbrechen in den besetzten Gebieten vor den Gerichtshof in Den Haag bringen, hat dafür aber weder Einzelheiten noch einen Zeitplan genannt.
Die Palästinenser hätten von diesem Schritt „mehr zu befürchten als Israel“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Israelische Regierungsvertreter warnten davor, dass sie nun auch in Den Haag wegen Terrorangriffen belangt werden könnten.
In Jerusalem wurde am Donnerstag über Strafmaßnahmen gegen die Autonomiebehörde beraten. In der Vergangenheit hatte Israel zum Beispiel für die Palästinenser erhobene Steuer- und Zolleinahmen zurückgehalten.
In der Nacht zum Mittwoch hatte ein palästinensischer Resolutionsentwurf, den Jordanien als nicht-ständiges Mitglied vor Weihnachten eingebracht hatte, im Sicherheitsrat mit acht Stimmen knapp die Mehrheit verfehlt. Unterstützt von der Arabischen Liga verlangte er, innerhalb eines Jahres Verhandlungen über ein Friedensabkommen abzuschließen, das zur Gründung eines Palästinenserstaats mit einer Hauptstadt in Ostjerusalem vorsieht.
Amerika und Australien verhindern UN-Beschluss
Zudem wurde ein israelischer Rückzug aus den besetzten Gebieten bis 2017 festgelegt. Die jüngsten, vom amerikanischen Außenminister John Kerry vermittelten Friedensgespräche waren im vergangenen Frühjahr nach neun Monaten gescheitert.
Mehrere europäische Regierungen hatten unter französischer Führung in den vergangenen Monaten vergeblich versucht, eine eigene Resolution vorzulegen. Frankreich stimmte nun – wie auch Russland, China und Luxemburg – für den palästinensischen Resolutionsentwurf, während sich Großbritannien enthielt.
Amerika und Australien votierten dagegen. Ein UN-Beschluss hätte den Anstrengungen um eine Zwei-Staaten-Lösung geschadet, sagte die amerikanischen UN-Botschafterin Samantha Power.
Laut israelischen Presseberichten hatten sich der amerikanische Außenminister Kerry und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Telefongesprächen, unter anderem mit dem französischen Staatspräsidenten Francois Hollande und dem nigerianischen Staatschef Goodluck Jonathan, dafür eingesetzt, sich wenigstens der Stimme zu enthalten.
Amerikaner und Europäer bringen diese palästinensischen Vorstöße in eine missliche Lage, weil die Entwürfe aus Forderungen bestehen, die sie sonst auch erheben. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat schloss nicht aus, die gescheiterte Resolution im neuen Jahr ein weiteres Mal einzubringen.
Dann gehören Staaten wie Malaysia und Venezuela dem Sicherheitsrat an, die den Palästinensern freundlicher gesonnen sind. Neun Stimmen sind für eine Billigung nötig, wenn nicht Staaten wie Amerika ihr Veto einlegen.
Die palästinensische Führung versuchte schon vor dem Fehlschlag der amerikanischen Vermittlungsinitiative, ihr Streben nach einem unabhängigen Staat zu internationalisieren.
Dabei fühlt sie sich durch die jüngsten Anerkennungen Palästinas durch mehrere europäische Parlamente ermutigt. In Israel spricht man deshalb schon von einem „diplomatischen Krieg“. Israel und Amerika kritisierten das palästinensische und europäische Vorgehen als „einseitig“; nur in direkten Gesprächen lasse sich Frieden finden.