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Russlands Eingreifen in Syrien : 26 Raketen als Hilfe für Assad

Ein Video des russischen Verteidigungsministeriums soll den Abschuss von Lenkflugwaffen von russischen Schiffen zeigen. Bild: AP

Russland feiert den Einsatz von Marschflugkörpern, die seine Soldaten vom Kaspischen Meer aus nach Syrien geschossen haben, als Beweis seiner Fähigkeiten. Der Einsatz Moskaus könnte sich sogar auf mehr Länder ausweiten.

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          Russland hat mit dem Einsatz von Marschflugkörpern den Syrien-Konflikt weiter eskaliert. Verteidigungsminister Sergej Schojgu teilte während eines im Fernsehen übertragenen Treffens mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin mit, vier Kriegsschiffe im Kaspischen Meer hätten insgesamt 26 Raketen auf Stellungen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) abgefeuert und alle elf anvisierten Ziele zerstört. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte ein Video, das die Raketenstarts zeigen soll. Demnach flogen die Marschflugkörper vom Typ KalibrNK vom Kaspischen Meer aus über Iran und den Irak nach Syrien.

          Christoph Ehrhardt
          Korrespondent für die arabischen Länder mit Sitz in Beirut.

          Moskau behauptet immer wieder, seine Angriffe würden vor allem dem IS gelten. Allerdings wurden bisher in erster Linie Rebellengruppen getroffen, die mit dem IS verfeindet sind, aber strategisch wichtige Gegenden in der Nähe des Kernlandes des Regimes, das an der syrischen Mittelmeerküste liegt, kontrollieren.

          Putin, der den Einsatz der Marschflugkörper als Zeichen der großen Fähigkeiten der russischen Streitkräfte pries, macht indes auch keinen Hehl daraus, dass sein Engagement in Syrien dem Zweck dient, Machthaber Baschar al Assad zu stärken. Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums bestätigte am Mittwoch, dass Russland seine Luftangriffe mit der syrischen Armee abstimmt.

          Ihre Äußerungen fallen zusammen mit einer Offensive des Assad-Regimes in der Provinz Hama, wo die Truppen des syrischen Diktators – unterstützt durch russische Luftschläge – Angriffe gegen Rebellenbrigaden führten, die nicht zum IS gehören. Aktivisten sowie Offiziere der Freien Syrischen Armee (FSA) meldeten am Mittwoch heftige Gefechte. Demnach rückten Assads Truppen auf einer etwa dreißig Kilometer breiten Front vor. Aus dem syrischen Militär hieß es, es sei eine „breite Bodenoffensive“ gestartet worden.

          Heftigste Kämpfe seit Monaten

          Die Angriffe des Regimes wurden nach Rebellenangaben von einer seiner Bastionen geführt, die nördlich der Stadt Hama liegt. Diese wurde demnach im Gegenzug mit Raketen und Artillerie beschossen. Das Kampfgebiet liegt an einer strategisch wichtigen Verbindungsstraße, die die Hauptstadt Damaskus mit der in Nordsyrien gelegenen einstigen Wirtschaftsmetropole Aleppo verbindet.

          Zunächst war unklar, ob die Gefechte in Hama den Beginn einer breit angelegten Gegenoffensive des bedrängten Regimes markieren, über die seit mehreren Tagen Berichte kursieren. Sowohl Gegner des Diktators in Damaskus als auch Assad treu ergebene arabische Medien haben gemeldet, dass das syrische Regime mit Hilfe der libanesischen Schiitenmiliz Hizbullah und iranischen Kämpfern im Nordwesten Syriens eine solche Gegenoffensive starten will. Wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, handelte es sich bei den Gefechten in Hama am Mittwoch um die heftigsten Kämpfe seit Monaten. Dort und in der angrenzenden Provinz Idlib seien fast vierzig Ziele bombardiert worden. Nach unbestätigten Angaben von Oppositionsvertretern soll die russische Luftwaffe auch geächtete Streubomben über dem Kampfgebiet abgeworfen haben.

          Einsatz auch im Irak möglich

          Das Regime war vor dem russischen Eingreifen in die Defensive geraten. Rebellenbrigaden, die sich unter dem Namen „Dschaisch al Fatah“ (Eroberungsarmee) zusammengeschlossen haben, hatten die Provinz Idlib im Frühjahr unter ihre Kontrolle gebracht und von dort die Küstenprovinz Latakia, eine Hochburg des Regimes, bedroht. Zu der Allianz gehört auch die Nusra-Front, die unter dem Banner von Al Qaida kämpft; sie wird militärisch und finanziell unterstützt von Saudi-Arabien, Qatar und der Türkei. Die Rebellen haben angekündigt, den russischen Streitkräften erbitterten Widerstand zu leisten. Das Königshaus in Riad hatte nach der russischen Intervention in Syrien in der vergangenen Woche damit gedroht, seine Militärhilfe an seine Verbündeten zu verstärken.

          Unterdessen mehren sich auch im Irak die Stimmen, die einen Einsatz russischer Kampfflugzeuge gegen die Islamistenmiliz IS fordern. Die Regierung in Bagdad dürfte sich in den kommenden Tagen oder Wochen dazu veranlasst sehen, Moskau um militärische Unterstützung zu beten, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Parlament, Hakim al Samili, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Das hänge davon ab, wie „erfolgreich“ die russischen Luftangriffe in Syrien seien. „Wir wollen, dass Russland eine größere Rolle im Irak spielt“, sagte er. „Auf jeden Fall eine größere Rolle als die Amerikaner.“ Nach dem Beginn der russischen Luftangriffe auf den IS und andere Rebellengruppen in Syrien haben sich die Regierung in Bagdad und einflussreiche Schiitengruppen für eine Ausweitung der Ziele auf die Stellungen der sunnitischen Dschihadisten im Irak ausgesprochen.

          Der Einsatz der Vereinigten Staaten im Irak wird allgemein als nicht ausreichend kritisiert. Russland hat die Aufnahme von Luftangriffen im Irak von einer offiziellen Bitte des Landes abhängig gemacht. (Siehe Seite 2.)

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