Menschenrechtsverstöße : Amnesty wirft Ägypten Folter von Kritikern vor
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Journalisten protestieren in Kairo gegen die Festnahme des Fotografen Ahmed Ramadan. Bild: dpa
Sicherheitskräfte verschleppen einem Bericht zufolge jeden Tag mutmaßliche Regimegegner. Viele der Opfer werden demnach gefoltert oder vergewaltigt. Erschreckend ist die hohe Zahl der Betroffenen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) wirft den ägyptischen Sicherheitsbehörden vor, hunderte Regierungskritiker verschleppt und gefoltert zu haben. Seit Anfang vergangenen Jahres habe die Zahl der Menschenrechtsverletzungen massiv zugenommen, heißt es in einem Bericht, den Amnesty am Mittwoch veröffentlichte. Der ägyptische Geheimdienst gehe unter dem Deckmantel des Anti-Terror-Kampfes rücksichtslos gegen Studenten, politische Aktivisten und Demonstranten vor, um sie zum Schweigen zu bringen, sagte der Regionaldirektor für den Nahen Osten, Philip Luther.
Pro Tag würden im Schnitt drei bis vier Menschen verschleppt, heißt es in dem Bericht. Sie würden willkürlich für Tage oder auch Monate in Gebäuden der Polizei und des Geheimdienstes mitten in Kairo oder Alexandria festgehalten. „Viele Gefangene berichteten Amnesty von Folter durch Hiebe mit Schlagstöcken und Elektroschocks“, sagte Ruth Jüttner, Ägypten-Expertin von Amnesty International Deutschland. Auch ein 14-jähriger Schüler aus Kairo sei mitten in der Nacht aus der elterlichen Wohnung verschleppt worden. „Tagelang wurde der Junge ohne Kontakt zur Außenwelt auf einer Polizeistation festgehalten, wo ihn Vernehmungsoffiziere folterten und vergewaltigten.“
Die Justiz deckt die Folterer
Der Bericht setzt sich intensiv mit 17 Fällen auseinander, in denen die Schicksale der Verhafteten nachgezeichnet werden. Amnesty schätzt, dass im Gefängnis des Geheimdienstes in Kairo hunderte Menschen festgehalten werden. Der ägyptischen Justiz wirft die Menschenrechtsorganisation vor, die Praktiken mitzutragen und durch falsche Angaben in den Unterlagen zu decken. „Präsident Abd al Fattah al Sisi muss alle staatlichen Sicherheitsbehörden dazu auffordern, Verschleppung und Folter zu beenden“, sagte Luther.
Auch das Europaparlament hatte die Menschenrechtslage in Ägypten im März scharf kritisiert. Damals war ein italienischer Doktorand unter verdächtigen Umständen verschwunden und zu Tode gekommen. Sein Körper wies Zeichen schwerster Misshandlungen auf, darunter ausgerissene Finger- und Fußnägel. Die ägyptische Regierung hat immer wieder erklärt, dass die Sicherheitsbehörden niemanden verschleppten und sie sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen hielten.
Seit dem Sturz des Islamisten Mursi, des ersten demokratisch gewählten Präsidenten, im Juli 2013 wurden Amnesty zufolge mindestens 34.000 Menschen nach unfairen oder auch gänzlich ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Hunderte Menschen wurden zum Tode verurteilt.