Konflikt in Syrien : Eine Speerspitze für Ankara
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Suche nach Überlebenden: Bewohner der nordwestsyrischen Stadt Maasran nach einem russischen Luftangriff Bild: Reuters
Die Entwicklung in Syrien ist das zentrale Thema auf dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister gewesen. Putins Unterstützung für den syrischen Machthaber Assad sehen sie kritisch - und sichern der Türkei Schutz gegen russische Angriffe zu.
Eigentlich wollten und sollten sich die Nato-Verteidigungsminister auf ihrer Herbsttagung darauf konzentrieren, vor dem Mitte 2016 in Warschau geplanten Gipfeltreffen der Allianz eine Zwischenbilanz zu ziehen. Das taten sie am Donnerstag zwar auch. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg konnte zufrieden feststellen: „Wir verwirklichen den größten Ausbau unser kollektiven Verteidigung seit dem Ende des Kalten Kriegs.“ Lob aus norwegischem Munde gab es für die deutsche Ankündigung, im Jahr 2019 eine Führungsrolle bei der sogenannten Speerspitze zu übernehmen, mit der die Nato im Krisenfall innerhalb von 48 Stunden Truppen in Bewegung setzen kann. Die Speerspitze ist ein wichtiger Baustein der Strategie, mit der die Allianz auf Bedrohungen an ihrer Ost-, aber auch an ihrer Südflanken reagieren will.
Beherrscht wurden die Beratungen der Minister jedoch durch die jüngsten alarmierenden Entwicklungen in Syrien – und rund um das nordafghanische Kundus. Der überraschende Angriff von Taliban-Kämpfern auf die Großstadt in der vergangenen Woche und der anschließende amerikanische Luftschlag gegen eine Klinik, bei der 22 Menschen ums Leben kamen, stellen die Nato-Partner vor neue Herausforderungen. In der Sitzung wurde deutlich, dass, wie es Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen formulierte, die Arbeit der Allianz in Afghanistan nicht abgeschlossen ist. Zunächst soll geprüft werden, wie es mit der seit Jahresanfang laufenden Nato-Ausbildungs- und Beratungsmission „Resolute Support Mission“ weitergehen soll. Stoltenberg wollte dem Ergebnis nicht vorgreifen, stellte aber in Aussicht, dass die Nato eine Initiative plane mit dem Ziel einer „dauerhaften Partnerschaft, die auch eine militärische Komponente haben wird.“
Zweites aktuelles Thema der Beratungen waren die militärischen Operationen Russlands in Syrien sowie die Verletzungen des Luftraums der Türkei und damit auch der Nato durch russische Kampfflugzeuge am vergangenen Wochenende. An Kritik und Empörung darüber mangelte es in Brüssel erwartungsgemäß nicht. Dennoch war auch das Bemühen zu spüren, eine weitere militärische Zuspitzung zu vermeiden und den Weg zu Gesprächen über eine politische Lösung des Syrien-Konflikts nicht zu verbauen. So erinnerte Bundesverteidigungsministerin von der Leyen daran, dass die Kämpfe in Syrien eine entscheidende Ursache für die aktuelle Krise mit Millionen in die Flucht geschlagenen Menschen seien.
Stoltenberg: Russische Hilfe für Assad „nicht hilfreich“
Nach der Aussprache der Minister sprach der Nato-Generalsekretär von großer Besorgnis angesichts der „Eskalation russischer militärischer Aktivitäten“ in der Region. Moskau sei aufgefordert, eine konstruktive Rolle zu übernehmen. Stoltenberg betonte aber auch die Notwendigkeit einer politischen Lösung. Wenn Russland sich militärisch auf die Seite des syrischen Machthabers Baschar al Assad geschlagen habe und andere Oppositionsgruppen als die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) aus der Luft angreife, dann sei dies „nicht hilfreich“.
Weniger diplomatisch äußerte sich von der Leyen. Sie warb eindringlich dafür, nach einer politischen Lösung zu streben. Dazu bedürfe es auch der Einbeziehung Russlands. So übte die Ministerin scharfe Kritik an Moskau, verband dies aber mit einem Appell: „Wenn Russland diejenigen angreift, die den Islamischen Staat bekämpfen, dann stärkt dies den Islamischen Staat. Das kann nicht in unseren gemeinsamen Interesse sein.“