Vorbereitungen in Israel : Bereit zum Gegenschlag gegen eine Atommacht Iran
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Israels Ministerpräsident Netanjahu: „Wir werden auf jede Bedrohung reagieren, wie wir es seit Generationen getan haben“ Bild: AP
Trotz oder gerade wegen der Fortschritte bei den Verhandlungen in Lausanne hat Israel längst damit begonnen, sich darauf vorzubereiten, dass Teheran schon bald über eigene Atomwaffen verfügt. Die Regierung Netanjahu sucht die rhetorische Eskalation.
Am Sonntag führte die israelische Marine schon einmal ihr „Krokodil“ vor. So hieß das in Deutschland gebaute U-Boot, das die Marine bei einem seltenen Pressetermin kurz auftauchen ließ, bevor es in wenigen Wochen einsatzbereit sein wird. Der Kapitän, der nur Oberst A. genannt werden durfte, schwärmte davon, wie tief das U-Boot in feindliche Gewässer für „lange und komplexe Missionen“ vordringen könne. In der israelischen Presse fand der kurze Termin größere Aufmerksamkeit.
In praktisch keinem Bericht fehlte der Hinweis auf „ausländische Medienberichte“, nach denen sich die aus Deutschland stammenden U-Boote mit Raketen bestücken lassen, die eine Reichweite von mehreren tausend Kilometern haben und die mit atomaren Gefechtsköpfen versehen werden können. Sie könnten auch Iran erreichen, Israel so die Möglichkeit eines Zweitschlags verschaffen - und den Gegner dabei vernichtend treffen.
Angesichts der Fortschritte bei den Atomgesprächen in Lausanne erwecken Militärs und Politiker in Israel den Eindruck, als rüsteten sie sich schon für den Tag, an dem Teheran über eigene Atomwaffen verfügt. Mit einer rhetorischen Eskalation versuchen der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine Minister weiterhin das „schlechte“ Atomabkommen zu verhindern, vor dem sie schon seit Jahren warnen. Zugleich hat die Armeeführung aber längst damit begonnen, sich auf die nicht mehr allzu fernen Tage vorzubereiten, in denen Iran eine regionale Atommacht sein wird. So wird nicht ausgeschlossen, dass deshalb der Verteidigungshaushalt noch einmal erhöht werden muss.
„Wir werden auf jede Bedrohung reagieren, wie wir es seit Generationen getan haben“, sagte Netanjahu am Montag. Er verzichtete jedoch auf deutlichere Drohungen mit einem militärischen Alleingang, wie sie von ihm früher zu hören waren. Mit nicht weniger harten Worten geht er aber schon seit Tagen mit der Sechsergruppe ins Gericht, die in der Schweiz verhandele, während im Jemen die aus Teheran unterstützten Houthi-Rebellen auf dem Vormarsch seien. Mit den andauernden Atomgesprächen werde das aggressive Verhalten Irans sogar noch belohnt, kritisierte Netanjahu am Montag. Zuvor hatte er schon vor der neuen „Achse Iran-Lausanne-Jemen“ gesprochen, die eine große Gefahr für die Menschheit darstelle, nachdem das iranische Regime seine Einflusszone schon auf den Irak, den Libanon und Syrien ausgedehnt habe.
Verteidigungsminister Mosche Jaalon bezeichnete Iran als die „größte Gefahr für die Stabilität der Welt“. Der frühere Generaldirektor des israelischen Ministeriums für strategische Angelegenheiten Jossi Kupperwasser deutete an, dass es für Israel Wege gebe, die Iraner bei ihrem Bemühen um eine Bombe zu bremsen. Israel werde nach der Unterzeichnung eines Abkommens seine geheimdienstlichen Aktivitäten verstärken, da die internationalen Inspektionen nach seiner Einschätzung nicht zuverlässig und rigoros genug sein werden. Israel werde der „Aufpasser“ sein, der dem Rest der Welt sagt, was in Iran wirklich vor sich gehe.
Israelische Fachleute schätzen, dass Iran noch zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um eine eigene Bombe zu bauen. Für „apokalyptische Prophezeiungen“ sei es deshalb noch zu früh, mahnte zwar am Montag die Zeitung „Maariv“. Aber in Jerusalem ist man trotzdem über Meldungen aus der Schweiz besorgt, wonach die unterirdische Atomanlage in Fordo, die, tief in einem Berg errichtet, gut vor einem möglichen Angriff geschützt ist, nicht abgebaut werden muss. Das würde die Iraner auch künftig in die Lage versetzen, relativ schnell ihr Atomprogramm abzuschließen.
Lawrow reist ab
In den Gesprächen über das iranische Atomprogramm haben sich die Verhandlungspartner am Montag zunächst nicht auf ein endgültiges Rahmenabkommen einigen können. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte am Montag, einen Tag vor Ablauf der selbst gesetzten Frist, seine vorläufige Abreise aus Lausanne an. Er will aber im Fall einer Einigung an diesem Dienstag zurückkehren. Die Bundesregierung sprach von einer „kritischen Phase“, aber auch von „erheblichen Fortschritten“. Ein westlicher Diplomat sagte in Lausanne, es herrsche nach wie vor Uneinigkeit in drei zentralen Streitfragen. Dabei geht es demnach um die Laufzeit des geplanten Abkommens, die Aufhebung von Sanktionen und einen Mechanismus, diese wieder in Kraft zu setzen, sollte Iran sich nicht an die Vereinbarungen halten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte am Montag in Lausanne, er könne eine abermalige Krise in den Verhandlungen nicht ausschließen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte aber auch, die Chancen auf eine Einigung seien noch nie so groß gewesen. (F.A.Z.)