
Frank-Walter Steinmeier : Wie wir iranische Atomwaffen verhindern
- -Aktualisiert am
Atom-Verhandlungen : Steinmeier: „Israel soll Abkommen genau prüfen“
Mit einem ganzen Paket von Beschränkungen und Kontrollen stellen wir sicher, dass Iran selbst bei einem Bruch des Abkommens über viele Jahre hinweg mindestens zwölf Monate benötigen würde, um genügend spaltbares Material für den Bau auch nur einer einzigen Atombombe zusammenzubekommen. Zum Vergleich: Vor dem Interimsabkommen im November 2013 war Iran – trotz vielen Jahren schärfster Sanktionen – von dieser Schwelle nur wenige Monate entfernt. Einen Vertrauensvorschuss für Iran kann und wird es nicht geben. Das verbieten nicht nur die heimlichen Nuklearaktivitäten der Vergangenheit, sondern auch die immer wiederkehrenden, inakzeptablen Tiraden Teheraner Hardliner gegen Israel sowie Irans zweifelhafte, bisweilen gefährliche Rolle in anderen Konflikten der Region, von Syrien über den Irak bis Jemen.
Die Hand bleibt am Sanktionshebel
Wir konnten und können deshalb nur eine Vereinbarung akzeptieren, die kein Vertrauen gegenüber Iran voraussetzt – im Gegenteil: Mit den Eckpunkten stellen wir sicher, dass es umfassendere und intensivere Kontrollen gibt als jemals zuvor, in vielen Punkten für immer, also ohne jede zeitliche Begrenzung, und 25 Jahre lang in einem historisch beispiellosen Sonder-Überwachungsregime, das den Vertrauensbrüchen der Vergangenheit Rechnung trägt. Dazu gehören unangekündigte Inspektionen aller Anlagen und permanente Überwachung der nuklearen Aktivitäten in Iran mit modernster Technik wie Sensoren und Übertragungskameras. Mehr noch: Wir geben den Sanktionshebel, mit dem wir Iran überhaupt erst an den Verhandlungstisch gebracht haben, nicht aus der Hand: Die Sanktionen werden schrittweise und unter strengen Auflagen aufgehoben und können im Fall eines Bruchs der Vereinbarung durch Iran sofort wieder in Kraft gesetzt werden.
Von manchen wissen wir, dass sie jede Art von Vereinbarung mit Iran grundsätzlich ablehnen. Wer so argumentiert, muss sich aber auch fragen lassen, welche Alternativen er jenseits seines Rufs nach militärischen Lösungen anzubieten hat. Weder schärfere Sanktionen noch Militärschläge können einen iranischen Zugriff auf Atomwaffen auch nur annähernd mit derselben Gewissheit verhindern wie eine Vereinbarung auf Basis der Lausanner Eckpunkte.
Chancen für die Diplomatie sind rar im Nahen und Mittleren Osten, Erfolge noch seltener. Ob Lausanne als ein Durchbruch und eine Wendemarke in die Geschichte eingehen wird, werden wir erst wissen, wenn eine abschließende Einigung nicht nur ausgehandelt und unterschrieben, sondern auch in die Tat umgesetzt worden ist. Aber ich bin überzeugt: Wenn uns das gelingt, wäre es nicht nur der Schlüssel zur Lösung des Konflikts um das iranische Atomprogramm. Auch ein neuer Rüstungswettlauf in der Region könnte so verhindert werden. Die Iran-Frage ist seit vielen Jahren der erste und einzige Konflikt im Mittleren Osten, bei dem uns nun eine Entschärfung gelingen kann. Das weckt leise Hoffnung, dass sich aus dieser Dynamik auch Aussichten für eine Entspannung anderer gefährlicher Krisen und Konflikte im Nahen und Mittleren Osten ergeben könnte.
Das zeigt: Es lohnt die Anstrengung, ohne Illusionen, aber mit viel Beharrlichkeit auf diplomatischem Weg nach friedlichen Lösungen auch für schwierige Konflikte zu suchen.