Bagdad Briefing : Kein schneller Sieg
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Kurdische Kämpfer feuern bei Bastamli im Nordirak auf Stellungen des „Islamischen Staats“. Bild: dpa
Die Falschmeldungen über den Tod Abu Bakr al Bagdadis waren von der falschen Hoffnung gespeist, der „Islamische Staat“ lasse sich leicht besiegen. Rund um Amerli gehen die Kämpfe weiter.
Der arabische Nachrichtensender „Al Arabija“ machte schnell wieder einen Rückzieher. Keine zwei Stunden nachdem er am Donnerstag den Tod des Terrorführers Abu Bakr al Bagdadis gemeldet hatte, korrigierte er sich. Auch das irakische Staatsfernsehen zog einen Bericht zurück, wonach der Führer des „Islamischen Staats“ bei einem Luftangriff getötet worden sei.
Es wäre auch zu schön gewesen, wenn Barack Obama nur einen Tag nach seiner Ankündigung, die Verantwortlichen für den Mord an den beiden amerikanischen Journalisten Steven Sotloff und James Foley zu bestrafen, schon Vollzug hätte melden können. Doch den Mann zu treffen, auf den amerikanische Behörden zehn Millionen Dollar Kopfgeld ausgesetzt zu haben, dürfte längerer Anstrengung bedürfen: Vor zehn Jahren schloss sich Bagdadi Al Qaida im Irak an. Anders als der 2006 von einem amerikanischen Spezialkommando getötete Führer der Gruppe, Abu Musab al Zarqawi, gelang es ihm bislang, sich gut genug zu verstecken, um demselben Schicksal zu entgehen.
Obamas am Mittwoch ausgegebenes Ziel, den „Islamischen Staat“ zu „zerstören“, wird sich mit einem gezielten Luftschlag nicht erledigen lassen. 25 Stellvertreter soll Bagdadi Recherchen der „New York Times“ zufolge haben, ein Drittel davon keine Dschihadisten, sondern alte Armeeoffiziere Saddam Husseins. Fast alle von ihnen saßen zwischen 2003 und 2011 in amerikanischer Haft.
Kaum schwächen dürften den „Islamischen Staat“ deshalb gezielte Angriffe wie den auf Abu Hajr al Suri, dessen Tod die Armeeführung am späten Donnerstagabend bekannt gab. Der sei Bagdadis Chefberater gewesen, heißt es in Bagdad, und bei einem Luftschlag in der nordirakischen Provinz Ninive zwischen Mossul und Tal Affar getötet worden – auf einem Gebiet, das außerhalb der Kontrolle staatlicher Einheiten liegt.
Die Gegend an der Grenze zu Syrien war bereits im Juni in die Hände des „Islamischen Staats“ gefallen, nachdem die Armee kampflos den Rückzug angetreten hatte. Im August gelang es Bagdadis Männern, ihr Territorium im Nordwesten des Landes weiter auszudehnen. Nachhaltig zurückgedrängt worden sind sie auch durch die amerikanischen Luftschläge rund um den Mossul-Staudamm nicht.
Viel langsamer voran als die Agenturmeldungen über einen Vormarsch der Streitkräfte nördlich von Bagdad suggerieren, geht auch die Rückeroberung von Gemeinden in der Umgebung von Amerli voran. Am Sonntag hatten die schiitischen Milizen der Badr-Organisation und Asaib Ahl al Haqs den Belagerungsring rund um die Turkmenenhochburg gebrochen, sodass erstmals seit mehr als zwei Monaten wieder Hilfslieferungen an die Bewohner durchkamen. Doch von den 37 Gemeinden, die der „Islamische Staat“ im Juli eroberte, sind mehr als dreißig noch immer in den Händen der Terroristen.
Iranische Revolutionsgarden und die libanesische Hizbullah sollen an der Ausbildung der schiitischen Milizen beteiligt sein, die die Hauptlast bei der Rückeroberung der im Juni und Juli verlorenen Gebiete westlich von Amerli tragen sollen, berichten arabische Medien. Allerdings befinde sich das Training noch in einer frühen Phase, sagte ein irakischer Regierungsbeamter der kuweitischen Zeitung „Al Rai al Aam“. Zu früh, um auf einen schnellen Sieg gegen den „Islamischen Staat“ zu hoffen.